Nach Nowitschok-Anschlag auf Doppel-Agenten
Polizei fahndet nach diesen zwei Russen

Die britische Polizei hat offenbar Videoaufnahmen auswerten können, welche die Täter des Giftanschlags auf den Spion Sergej Skripal und seine Tochter Julia zeigen. Nun fahndet die Polizei nach zwei Russen.
Publiziert: 05.09.2018 um 12:23 Uhr
|
Aktualisiert: 08.10.2018 um 12:47 Uhr
Briten beantragen europäischen Haftbefehl gegen zwei Russen
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Fall Skripal:Briten beantragen europäischen Haftbefehl gegen zwei Russen

Zwei Russen sollen den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter am 4. März mit dem gefährlichen Nowitschok vergiftet haben. Beide überlebten den Anschlag. Die britische Polizei fahndet nun nach zwei Russen, wie sie am Mittwoch bekannt gegeben hat.

Die Tatverdächtigen heissen Alexader Petrow und Ruslan Boschirow. Die genannten Namen sind den Angaben zufolge aber vermutlich Pseudonyme. Ihnen wird Verabredung zum Mord sowie der Besitz und Gebrauch des Nervenkampfstoffs Nowitschok zur Last gelegt, wie der Chef der britischen Anti-Terror-Polizei, Neil Basu, auf einer Pressekonferenz sagte.

Nach diesen zwei Russen fahndet die britische Polizei.
Foto: Reuters
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Europaweite Fahndung

Grossbritannien beantragte europäische Haftbefehle, stellte aber keine Auslieferungsanträge an Moskau. Die russische Verfassung verbietet die Auslieferung von eigenen Staatsangehörigen.

«Wir haben jetzt ausreichend Beweise, um Anklagen im Zusammenhang mit dem Angriff auf Sergej und Julia Skripal zu erheben», sagte ein Polizeisprecher. Die Verdächtigen seien wahrscheinlich unter falschen Namen eingereist und etwa 40 Jahre alt. Scotland Yard veröffentlichte Fahndungsfotos der Männer und bat die Bevölkerung um Hinweise.

Premierministerin Theresa May machte den russischen Militärgeheimdienst für den Anschlag verantwortlich. Die beiden mit Haftbefehl gesuchten Verdächtigen in dem Fall seien Mitglieder des russischen Militärgeheimdienstes GRU und hätten höchstwahrscheinlich im Auftrag der russischen Regierung gehandelt, sagte May am Mittwoch im britischen Parlament.

Bereits Ende April teilten die Ärzte mit, dass sich Sergej Skripal ist nicht mehr im kritischen Zustand befinde.
Foto: EPA
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Russland weiss von nichts

Beim Anschlag handle es sich nicht um eine auf eigene Faust geplante Tat von Kriminellen, sagte May: «Er wurde nahezu sicher auf hoher russischer Staatsebene genehmigt.»

Das russische Aussenministerium wies alle Vorwürfe umgehend zurück. «Die in den Medien veröffentlichten Namen und Bilder sagen uns nichts», sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa der Agentur Tass zufolge in Moskau. London solle nicht die Öffentlichkeit manipulieren, sondern bei der Aufklärung mit Russland kooperieren.

Nervengift in Hotel nachgewiesen

Die beiden Verdächtigen sind laut Polizei am 2. März nach Grossbritannien geflogen. Am Folgetag sollen sie die südenglische Stadt Salisbury ausgekundschaftet haben und am 4. März - dem Tag des Attentats - wieder abgereist sein. In ihrem Hotel in London seien winzige Spuren des verwendeten Nervengifts nachgewiesen worden.

Der Giftanschlag auf Skripals hat zwischen Grossbritannien und Russland zu einer schweren diplomatischen Krise geführt. Dies, weil die Briten schnell Russland für den Anschlag verantwortlich gemacht haben. Der russische Präsident Wladimir Putin bestritt dies vehement. (fr/SDA/hah)

Giftgas-Attacke in Salisbury

Der Ex-Spion Sergej Skripal (66) und seine Tochter Yulia (33) waren am 4. März auf einer Parkbank in der südenglischen Stadt Salisbury bewusstlos aufgefunden worden und kämpfen seitdem um ihr Leben. Nach britischen Angaben wurden sie Opfer des eins in der Sowjetunion entwickelten chemischen Kampfstoffes Nowitschok. Beide wurden schwer verletzt und entkamen nur knapp dem Tod. (kin)

Der Ex-Spion Sergej Skripal (66) und seine Tochter Yulia (33) waren am 4. März auf einer Parkbank in der südenglischen Stadt Salisbury bewusstlos aufgefunden worden und kämpfen seitdem um ihr Leben. Nach britischen Angaben wurden sie Opfer des eins in der Sowjetunion entwickelten chemischen Kampfstoffes Nowitschok. Beide wurden schwer verletzt und entkamen nur knapp dem Tod. (kin)

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Was ist Nowitschok?

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

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Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

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Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

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Der Fall Skripal und die Schweiz

Am 4. März wurden Ex-Doppelagent Sergei Skripal und seine Tochter im englischen Salisbury vergiftet. Untersuchung ergaben, dass es sich beim Gift um den in der Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok handelt. Obwohl die Skripals überlebten, endete der Anschlag schliesslich tödlich: Anfang Juni kam in Grossbritannien ein Paar mit dem Gift in Kontakt – die Frau starb.

Die Russen streiten ab, hinter dem Anschlag zu stehen. Stattdessen beschuldigten sie die OPCW, falsche Ergebnisse veröffentlicht zu haben. Teil dieser Fake-News-Attacke war auch das Labor Spiez. Kurz darauf wurde zudem bekannt, dass mutmasslich russische Hacker versucht hatten, sich über das Labor Spiez Zugang zu IT-Systemen anderer Labors zu erschleichen.

Am 4. März wurden Ex-Doppelagent Sergei Skripal und seine Tochter im englischen Salisbury vergiftet. Untersuchung ergaben, dass es sich beim Gift um den in der Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok handelt. Obwohl die Skripals überlebten, endete der Anschlag schliesslich tödlich: Anfang Juni kam in Grossbritannien ein Paar mit dem Gift in Kontakt – die Frau starb.

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