AKW Saporischja nicht unmittelbar gefährdet
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IAEA-Generaldirektor Rossi:AKW Saporischja nicht unmittelbar gefährdet

Nach Damm-Zerstörung
Droht jetzt der Super-GAU im AKW Saporischschja?

Unweit des zerstörten Kachowka-Staudamms liegt das Atomkraftwerk Saporischschja. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zu den möglichen Konsequenzen.
Publiziert: 06.06.2023 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 06.06.2023 um 18:30 Uhr
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Marian NadlerRedaktor News

Nach Angaben des ukrainischen Militärs haben russische Streitkräfte in der Nacht den Kachowka-Staudamm im russisch kontrollierten Teil der ukrainischen Region Cherson gesprengt. Der Region drohen womöglich massive Überschwemmungen.

Direkt am Kachowkaer Stausee liegt auch das Kernkraftwerk Saporischschja. Was passiert nun im AKW? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.

Hier strömen Wassermassen aus dem Stausee
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Damm bei Cherson zerstört:Hier strömen Wassermassen aus dem Stausee

Was sagen die Ukrainer?

«In der Nacht des 6. Juni 2023 sprengten die russischen Invasoren den Damm des Wasserkraftwerks Kachowskaja. Infolge der Detonation sinkt der Wasserstand im Kachow-Reservoir rapide, was eine zusätzliche Bedrohung für das vorübergehend besetzte Kernkraftwerk Saporischschja darstellt», schrieb das ukrainische Staatsunternehmen Energoatom in einer Mitteilung auf Telegram am Dienstagmorgen. Das Wasser aus dem Stausee sei notwendig, damit die Station Strom für Turbinenkondensatoren und Sicherheitssysteme des Kernkraftwerks erhalte, erläutern die ukrainischen Atomexperten.

Was bedeutet die Zerstörung des Kachowka-Damms für das AKW Saporischschja?
Foto: keystone-sda.ch
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Das Kühlbecken des AKW lief extrem schnell voll. Man überwache die Situation und verfolge die Aktionen der Arbeiter im Kernkraftwerk zusammen mit anderen im Kraftwerk anwesenden internationalen Organisationen, insbesondere der IAEA. Von ukrainischer Seite hiess es zudem, dass das Risiko einer nuklearen Katastrophe nach der Beschädigung eines Staudamms schnell wachse. Das berichtete die Nachrichtenagentur AFP.

Was sagen die Russen?

Nach Einschätzung des von Russland eingesetzten Verwaltungsvertreters in Saporischschja droht keine unmittelbare Gefahr für das Atomkraftwerk. Das berichtet die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass.

Wie schätzt die IAEA die Lage ein?

Die internationale Atomenergiebehörde IAEA ist sich der angespannten Lage nach der Zerstörung des Damms bewusst. «IAEA-Experten im Kernkraftwerk Saporischschja beobachten die Situation genau», heisst es in einem Tweet der Organisation. Es bestehe aber «kein unmittelbares Risiko für die nukleare Sicherheit im Kernkraftwerk». IAEA-Chef Rafael Grossi (62) gab an, dass ein längerer Mangel an Kühlwasser im Kernkraftwerk den Betrieb der Notstrom-Dieselgeneratoren stören könnte.

«Das Fehlen von Kühlwasser in den wesentlichen Kühlwassersystemen über einen längeren Zeitraum würde zum Schmelzen des Kraftstoffs und zur Funktionsunfähigkeit der Notstromdieselgeneratoren führen. Nach unserer aktuellen Einschätzung besteht jedoch kein unmittelbares Risiko für die Sicherheit der Anlage», so Grossi in einer Erklärung.

«Saporischja muss militärfrei werden»
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Was droht bei einer Überschwemmung?

Eine grosse Flutwelle könnte fatale Auswirkungen haben. Eine Unterbrechung der Wasserversorgung in der Südukraine würde auch das Kühlsystem des Atomkraftwerks beeinträchtigen – im Extremfall würde somit ein atomarer Unfall drohen. Das Wasserkraftwerk Kachowka versorgt die Anlage mit Wasser.

Welche Probleme hatte das AKW bereits?

In der vergangenen Woche berichtete die IAEA, dass die Anlage inzwischen seit drei Monaten ohne externe Notstromversorgung ist. Das mache das AKW extrem anfällig für den Fall, dass die einzige funktionierende Hauptstromleitung erneut ausfalle, hiess es in einer Mitteilung der IAEA.

Seit der Besetzung des grössten europäischen Kernkraftwerks durch die Russen im März 2022 war bereits mehrmals die Stromversorgung des Kraftwerks ausgefallen. In solchen Fällen wird die Kühlung mittels der vorhandenen Dieselgeneratoren gewährleistet. Beim jüngsten derartigen Vorfall hiess es, der Treibstoff reiche für zehn Tage. Laut IAEA hatte das Kraftwerk vor dem Krieg vier externe Stromleitungen zur Verfügung.

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