Mysteriöse Todesserie bei Boeing
Zweiter Whistleblower unerwartet verstorben

Der 45-jährige Joshua Dean äusserte Sicherheitsbedenken und stellte Mängel bei der 737 MAX von Boeing fest. Jetzt ist er tot. Bereits im März verstarb ein Whistleblower.
Publiziert: 02.05.2024 um 19:55 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2024 um 08:39 Uhr

Er war einer der Ersten, der Mängel bei der 737 MAX von Boeing meldete. Nun ist Joshua Dean mit 45 Jahren unerwartet gestorben. Der Grund: eine sich schnell ausbreitende Infektion, wie US-Medien berichten.

Dean arbeitete als Qualitätsprüfer beim Boeing-Zulieferer Spirit Aerosystems. Doch es kam zum Zerwürfnis. Der 45-Jährige hatte seinem Arbeitgeber in einer Sicherheitsbeschwerde an die US-Luftfahrtbehörde (FAA) «schwerwiegendes und grobes Fehlverhalten des leitenden Qualitätsmanagements der 737-Produktionslinie» vorgeworfen. Mechaniker hätten unsachgemäss Löcher in das hintere Druckschott der MAX gebohrt, so sein Vorwurf. Als er dieses Problem dem Management gemeldet hatte, wurde seinen Angaben zufolge nichts unternommen. Dean erhielt später die Kündigung.

Probleme unter den Teppich gekehrt?

Im «Wall Street Journal» kritisierte Dean im Januar, Spirit habe ihn gefeuert, weil er auf die Mängel hingewiesen habe: «Bei Spirit ist bekannt, dass man versetzt wird, wenn man zu viel Lärm und zu viel Ärger macht.» Es bedeute zwar nicht, dass Dinge ausser Acht gelassen werden, «aber sie wollen nicht, dass man alles findet und aufschreibt».

Der verstorbene Dean hatte schwerwiegende Herstellungsfehler entdeckt. (Symbolbild)
Foto: IMAGO/ZUMA Wire
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Nach seiner Entlassung reichte Dean eine Beschwerde beim Arbeitsministerium ein, in der von einer ungerechtfertigten Kündigung und «grobem Fehlverhalten von Spirit-Aerosystems-Qualitätsmanagern auf hoher Ebene» die Rede ist. Spirit hatte Deans Vorwürfe gegenüber dem «Wall Street Journal» zurückgewiesen und gab an, sich vor Gericht zu verteidigen.

Nach Deans unerwartetem Tod liess ein Spirit-Sprecher gemäss US-Medien ausrichten: «Unsere Gedanken sind bei Josh Deans Familie. Dieser plötzliche Verlust ist für uns und seine Lieben eine überwältigende Nachricht.»

Zweiter Whistleblower-Todesfall in zwei Monaten

Erst im März sorgte der Tod eines Boeing-Whistleblowers kurz vor seiner zweiten Zeugenaussage für Wirbel. Der 62-jährige John Barnett starb laut Gerichtsmedizinern an einer «offensichtlich selbst zugefügten Schusswunde». Der Anwalt von Barnett hingegen äusserte Zweifel. Die Ermittlungen zum Tod dauern weiterhin an. Barnett hatte laut eigenen Aussagen beobachtet, wie Flugzeuge des Typs 787 Dreamliner in aller Eile hergestellt wurden – zulasten der Qualität.

Boeing weht zurzeit ein rauer Wind entgegen. In einer Anhörung vor dem US-Senat im April haben mehrere Informanten Boeing Sicherheitsmängel in der Produktion vorgeworfen und die Unternehmenskultur des Flugzeugbauers kritisiert. Seine Warnungen vor defekten Bauteilen seien ignoriert und ihm sei gesagt worden, er solle «den Mund halten», sagte Boeing-Ingenieur Sam Salehpour, der sich als Informant an die US-Flugaufsicht FAA gewandt hatte. Angehört wurden noch drei weitere Zeugen. Boeing wies die Anschuldigungen zurück.

«Ich bin nicht hier, weil ich hier sein will», sagte Salehpour vor dem US-Senat, sondern weil «ich nicht den Absturz einer 787 oder einer 777 sehen will». Er habe ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Sicherheit dieser beiden Boeing-Modelle.

Im Unternehmen sei er jedoch «ins Abseits gedrängt» worden. «Ich wurde körperlich bedroht.» Sollte ihm etwas passieren, sei er mit sich im Reinen, denn er habe das Gefühl, mit seiner Zeugenaussage «viele Leben» retten zu können. (sam/AFP)

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