Freundin erschossen
Oscar Pistorius muss 6 Jahre ins Gefängnis

Das Gericht hat entschieden: Der ehemalige Spitzensportler Oscar Pistorius muss sechs Jahre hinter Gitter, weil er seine Freundin erschossen hat. Ein glimpfliches Urteil.
Publiziert: 06.07.2016 um 10:37 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 15:15 Uhr

Oscar Pistorius (29) muss zurück ins Gefängnis. Der ehemalige Paralympics-Star wird zu einer Haftstrafe von 6 Jahren verurteilt. Dieses Strafmass hat ein Gericht in Pretoria in der zweiten Instanz festgelegt. Wie die Agentur Reuters meldet, soll Pistorius umgehend nach dem Urteilsspruch ins Gefängnis gebracht werden. Wie «BBC» berichtet, will er keine Berufung einlegen.

Hat seine Freundin durch die geschlossene Badetüre erschossen: Paralympics-Star Oscar Pistorius.
Foto: Keystone/AP/THEMBA HADEBE

Dem unterhalb der Knie amputierten Pistorius drohten mindestens 15 Jahre Haft. Richterin Masipa entschied jedoch, dass die «mildernden Umstände schwerer wiegen als die belastenden Faktoren». Damit komme ein geringeres Strafmass als die gesetzlich vorgesehenen mindestens 15 Jahre Haft in Frage, erklärte die Richterin.

In der Verhandlung zog Pistorius seine Prothesen ab – um zu demonstrieren, wie hilflos er ist.

Das Strafmass musste neu bestimmt werden, nachdem das Gericht Pistorius in einem Berufungsprozess Ende 2015 wegen Totschlags verurteilt hatte. Im Jahr 2014 hatte die erste Instanz noch auf fahrlässige Tötung entschieden. In Südafrika wird das Strafmass nach einem Urteil separat bestimmt.

Obwohl Totschlag als viel schwerwiegenderes Verbrechen gilt als fahrlässige Tötung, wurde die Strafe faktisch nur um ein Jahr erhöht. Man kann also sagen, Pistorius ist mit dem Strafmass glimpflich davongekommen.

In den sozialen Medien zeigen sich deshalb viele Südafrikaner schockiert. Ein Rechtsexperte sagt zu «BBC»: «Die Richterin war zu einfühlsam mit Pistorius. Das war während der ganzen Verhandlung spürbar.»

Gina Myers, die beste Freundin der getöteten Reeva Steenkamp, äussert sich in einem kurzen Tweet: #5forCulp6ForMurder. Sie will darauf aufmerksam machen, dass das schwerwiegende Verbrechen Totschlag (in Südafrika «Murder») in diesem nur ein Jahr mehr gibt als fahrläsige Tötung («Culpable Homicide»).

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Das Justizdrama könnte noch weitergehen

Pistorius hält fest, er habe seine Freundin Reeva Steenkamp (l) für einen Einbrecher gehalten.
Foto: Keystone

Pistorius hatte am Valentinstag 2013 seine Freundin, das Model Reeva Steenkamp, durch eine geschlossene Toilettentür in seiner Villa erschossen. Er habe sie für einen Einbrecher gehalten und aus Angst um sein Leben geschossen, sagte Pistorius.

Pistorius konnte das Gefängnis bereits ein Jahr nach der ersten Verurteilung verlassen. Seither lebt er unter strengen Auflagen unter Hausarrest bei einem Onkel. Das ist jetzt vorbei: Der Ex-Sprinter muss definitiv wieder in den Knast.

Trotzdem muss die Verkündung des Strafmasses noch nicht das Ende des Justizdramas sein. Die Staatsanwaltschaft könnte noch ein letztes Mal in Berufung gehen. Pistorius und seine Verteidigung hätten dieses Recht auch, haben aber erklärt, darauf zu verzichten.

«Oscar muss für seine Tat bezahlen»

Der Vater des Opfers hatte im Prozess eine harte Strafe für Pistorius gefordert. «Es ist sehr schwierig für mich, ihm zu vergeben ... Ich glaube, dass Oscar für das, was er getan hat, bezahlen muss», sagte Berry Steenkamp.

Vor zwei Wochen sorgte der Prozess einmal mehr für Aufsehen, als Pistorius im Gerichtssal seine Prothesen ablegte. Sein Verteidiger wollte damit die Verletzlichkeit seines Mandanten demonstrieren. «Er hatte richtig Angst», so der Anwalt.

Bei Pistorius mussten im Alter von elf Jahren wegen eines Gendefekts beide Unterschenkel amputiert werden. Dank Beinprothesen gelang ihm trotzdem eine eindrückliche Sportlerkarriere. Bei den Olympischen Spielen in London 2012 trat er als erster Behindertensportler gegen gesunde Athleten an. (rey/sda)

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