May zur neuen Nowitschok-Vergiftung
«Die Polizei wird keinen Stein auf dem anderen lassen»

Die Vergiftung von Dawn Sturgess (44) und Charles Rowley (45) in Südengland löst neue Ängste bei den Briten aus. Jetzt kündigt Premierministerin Theresa May (61) umfassende Untersuchungen zum neuen Nowitschok-Fall an.
Publiziert: 05.07.2018 um 17:13 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2018 um 14:06 Uhr

Die britische Premierministerin Theresa May (61) hat eine umfassende Untersuchung zur Nowitschok-Vergiftung von Dawn Sturgess (44) und Charles Rowley (45) in Südengland angekündigt. «Die Polizei, das weiss ich, wird keinen Stein auf dem anderen lassen bei den Ermittlungen zur Klärung des Geschehens», sagte May.

Der neue Fall sei «zutiefst beunruhigend», sagte May am Donnerstag bei einem Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin.

... Charles Rowley (45) wurden mit Nowitschok vergiftet.
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Paar in Lebensgefahr

Ihre Gedanken seien bei den Menschen in Wiltshire, wo das Paar am vergangenen Samstag aus bisher ungeklärter Ursache dem Nervengift ausgesetzt war und nun in Lebensgefahr schwebt.

Der Fall weckt in Grossbritannien Erinnerungen an den Giftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal Anfang März in Salisbury, der nach britischen Erkenntnissen ebenfalls mit Nowitschok verübt wurde und für den die britische Regierung Russland verantwortlich macht.

... Charles Rowley (45) wurden mit Nowitschok vergiftet.
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Woher kommt das Gift?

Im Gegensatz zum Fall Skripal gehen die britischen Ermittler zunächst nicht von einem gezielten Anschlag gegen das Paar aus, das in einem Haus in der Nähe von Salisbury bewusstlos gefunden wurde. Woher das Nowitschok-Gift im jüngsten Fall genau komme, müssten weitere Untersuchungen zeigen, hiess es in London.

Der Fall Skripal hatte zu einem tiefen Zerwürfnis zwischen Grossbritannien und Russland geführt, Moskau weist die britischen Vorwürfe entschieden zurück. Die westlichen Verbündeten hatten sich mit der Regierung in London solidarisiert. May dankte Deutschland am Donnerstag für die «standhafte Unterstützung, die Sie uns nach dem Chemiewaffenangriff in Salisbury gezeigt haben».

Vorwürfe gegen Moskau

Der britische Sicherheitsminister Ben Wallace bekräftigte am Donnerstag in London den Vorwurf, Russland sei für den Anschlag auf Skripal verantwortlich. Er forderte von Moskau erneut Aufklärung.

Innenminister Sajid Javid verlangte ebenfalls von Moskau, nach dem neuerlichen Fall sei es nun an der Zeit, «dass der russische Staat genau erklärt, was passiert ist».

«Intrigen mit giftigen Chemikalien»

Die russische Regierung bezeichnet die Vergiftungsfälle mit dem Kampfstoff Nowitschok als eine politische Intrige Grossbritanniens. «Wir fordern die Regierung von Theresa May dazu auf, die Intrigen mit giftigen Chemikalien zu beenden und die Ermittlungen nicht zu behindern», sagte die Sprecherin der Aussenministeriums, Maria Sacharowa, am Donnerstag in Moskau.

Die britischen Sicherheitsbehörden sollten nicht an diesem schmutzigen politischen Spiel teilnehmen, sagte sie der Agentur Tass zufolge. Russland sei jederzeit zu gemeinsamen Untersuchungen bereit.

Zuvor hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zum Bekanntwerden des neuen Vergiftungsfalls gesagt: «Das ist eine sehr beunruhigende Nachricht. Natürlich löst sie grosse Sorge aus.» (SDA/noo)

Was ist Nowitschok?

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

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