Mastercard und Visa boykottieren Sex-Seite
Darum geht es Pornhub an den Kragen

Schwere Vorwürfe gegen Pornhub: Die Sex-Seite soll mit Kindsmissbrauch und Vergewaltigung Geld verdienen, heisst es in einem US-Medienbericht. Die Betreiberfirma bestreitet dies. Doch Kreditkartenfirmen reagieren bereits.
Publiziert: 11.12.2020 um 15:34 Uhr
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Aktualisiert: 15.12.2020 um 16:18 Uhr
Georg Nopper

Sexvideo drehen, hochladen, Geld verdienen. Die Porno-Plattformen Pornhub und Youporn funktionieren gleich wie ihr jugendfreies Pendant Youtube. Das Business-Modell ist sehr erfolgreich: Pornhub wird pro Monat 3,5 Millliarden Mal besucht. Das sind mehr Visits als bei Netflix, Amazon oder Yahoo. In einem Meinungsartikel der «New York Times» wurden letzte Woche schwere Anschuldigungen gegenüber der Betreiberfirma der Pornoseiten erhoben. Das Problem: Amateure konnten bis anhin weitgehend unkontrolliert Inhalte hochladen.

So sollen auch Videos von Kindesmissbrauch und Vergewaltigungen auf der Plattform gelandet sein. Selbst nach einer Löschung sei deren Verbreitung nicht mehr zu stoppen, weil die Aufnahmen dank Downloadfunktion ungehindert weiterverbreitet würden. Pornhub bestreitet, ein systematisches Problem mit Kindesmissbrauchsvideos zu haben. Bei Kinderpornografie zeige man null Toleranz. Die Behauptungen der «New York Times» seien «unverantwortlich und schlichtweg unwahr».

Die Kreditkartenfirmen Mastercard und Visa haben jedoch bereits die Konsequenzen gezogen: Mastercard hat die Geschäftsbeziehungen zum Pornhub-Mutterkonzern Mindgeek beendet, Visa setzt die Zusammenarbeit aus und will die Vorwürfe untersuchen.

Internet-Macht: Pornhub hat mehr Visits pro Monat als Netflix oder Amazon.
Foto: picture alliance / dpa
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Download gesperrt, Upload eingeschränkt

Pornhub bezeichnet den Boykott der Kreditkartenfirmen als «extrem enttäuschend». Schliesslich habe man bereits Massnahmen gegen illegale Inhalte eingeleitet. Die Entscheidungen von Mastercard und Visa seien «schrecklich für die Hunderttausenden Models, die auf unsere Plattform als Einnahmequelle zählen».

Um eine unkontrollierte Verbreitung trotz Löschung zu unterbinden, hat Pornhub wenige Tage nach dem Erscheinen des Zeitungsberichts reagiert und die Downloadfunktion gesperrt. Zudem ist es vorerst nur noch Profis und Partnern der Seite möglich, Videos hochzuladen.

Pornhub erklärt, es seien auch Anpassungen im Moderationsprozess vorgenommen worden. Im neuen Jahr soll ein neuer Prozess zur Verifizierung von Nutzern anhand eines Identifikationsprotokolls eingeführt werden. Damit sollen auch Amateure wieder Inhalte hochladen können.

«Saubere» Plattformen haben das gleiche Problem

Mit dem Problem der Verbreitung von Kinderpornos oder Videos von Vergewaltigungen haben auch «saubere» Plattformen wie Facebook oder Instagram zu kämpfen. Dort würden jedes Jahr Millionen Aufnahmen entdeckt, die Kindesmissbrauch zeigten, argumentiert Pornhub. Bei Pornhub sind es laut der britischen Nichtregierungsorganisation Internet Watch Foundation mit 118 viel weniger.

Der Autor des «New York Times»-Artikels, Nicholas Kristof, der in seinem Beitrag auch konkrete Forderungen stellte, zeigt sich nach der Einleitung von Massnahmen durch Pornhub vorsichtig optimistisch: Die Porno-Seite habe grosse Schritte eingeleitet, die bei richtiger Umsetzung «zukünftigen Missbrauch massgeblich eindämmen könnten», heisst es in einem Nachfolgeartikel.

Reaktionen in Kanada und Luxemburg

Zum Pornhub-Mutterkonzern Mindgeek gehören mehr als hundert Pornoseiten wie zum Beispiel Youporn. Die Firma hat ihre Zentrale im kanadischen Montreal und ihren Steuersitz in Luxemburg.

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau (48) erklärte am Dienstag, seine Regierung erarbeite neue Vorschriften für Sex-Seiten. Auch Luxemburg will womöglich gegen Pornhub vorgehen. Sollten die Vorwürfe stimmen, sagte Aussenminister Jean Asselborn laut dem «Tageblatt» am Donnerstag, «will ich, dass kein Bezug mehr zu Luxemburg besteht».

Internet in Gefahr?

In den USA haben vier Senatoren soeben einen Gesetzesvorschlag eingereicht, der es Vergewaltigungsopfern erleichtern würde, Pornoseiten, die den Missbrauch zeigen, zu verklagen.

Die Debatte über die Verantwortung von Online-Plattformen wird in den USA heiss diskutiert und reicht weit über die Diskussion um Pornoseiten hinaus. Der zukünftige Präsident Joe Biden (78) möchte eine Gesetzespassage streichen, welche Betreiber von Plattformen von der Haftung für Inhalte befreit, die von ihren Nutzern veröffentlicht werden.

Würde das passieren, wäre das Geschäftsmodell von Pornhub, aber auch jenes von Youtube, Facebook und anderen Social-Media-Plattformen in Gefahr. Kritiker einer solchen Gesetzesänderung befürchten darin eine Bedrohung für das Internet in seiner heutigen Form und für die freie Meinungsäusserung.

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