London wütend auf Brüssel – Wie gehts nach dem Brexit weiter mit Gibraltar?
Grosser Zoff um kleines Fleckchen Erde

Zwischen der EU und Grossbritannien entsteht ein neuer Konflikt. Es geht um die britische Exklave Gibraltar, die bisher von den Brexit-Verhandlungen ausgeklammert worden war. London wehrt sich gegen eine Einmischung Brüssels.
Publiziert: 21.07.2021 um 13:40 Uhr
Guido Felder

Der Brexit ist noch lange nicht ausgestanden. Nun flammt zwischen der EU und Grossbritannien ein neuer Streit auf: Es geht um das britische Territorium Gibraltar.

Noch an Weihnachten 2020, eine Woche vor dem Ende der Brexit-Übergangsphase, sah es aus, als ob ab 1. Januar 2021 zwischen der britischen Exklave und Spanien eine harte Grenze entstehen würde. Ein Chaos mit den vielen Grenzgängern und den Waren wäre sicher gewesen.

Notlösung in letzter Minute

Im letzten Augenblick fand man eine Notlösung: Gibraltar trat auf den 1. Januar dem Schengen-Raum bei, womit die Grenzen offen blieben. Die EU-Aussengrenze, die von der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) kontrolliert wird, verlagerte sich somit an die Häfen und den internationalen Flughafen Gibraltars.

Die Briten zeigen vor Gibraltar immer wieder militärische Präsenz, wie hier Anfang Juli mit der HMS Prince of Wales.
Foto: keystone-sda.ch
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Gleichzeitig bedeutet dieser Schritt aber auch, dass sich Gibraltar enger an Spanien und die EU bindet.

Nun geht es um ein langfristiges Handels- und Kooperationsabkommen mit der EU. Am Dienstag hat die EU einen Entwurf vorgelegt. Er lässt Fragen der Souveränität und der Hoheitsgewalt Gibraltars unberührt und betrifft in erster Linie die Zusammenarbeit in der Region.

Grenzkontrollen abschaffen

Die in den Verhandlungsrichtlinien vorgeschlagenen Lösungen zielen darauf ab, Kontrollen von Personen und Waren an der Landgrenze zwischen Spanien und Gibraltar abzuschaffen und zugleich die Integrität des Schengen-Raums und des Binnenmarkts zu gewährleisten. Die Vorschläge umfassen Vorschriften über die Zuständigkeit für Asyl, Rückführungen, Visa, Aufenthaltstitel, operative polizeiliche Zusammenarbeit und Informationsaustausch.

Dieser Entwurf verärgert London. Der britische Aussenminister Dominic Raab (47) kritisiert vor allem die geplante Grenzregelung, bei der den spanischen Beamten eine grössere Verantwortung übertragen werden soll. Er fordert Brüssel auf, das Mandat zu überarbeiten. Es stehe im Konflikt mit dem gemeinsam vereinbarten Rahmen für die Verhandlungen und sei ein Versuch, «die Souveränität des Vereinigten Königreichs zu untergraben».

Gibraltar stimmte für EU

Um das nur 6,8 Quadratkilometer grosse Land mit dem berühmten Affenfelsen zanken sich Grossbritannien und Spanien seit Jahrhunderten. Seit dem spanischen Erbfolgekrieg von 1704 steht es unter der Souveränität Grossbritanniens und wurde 1713 im Frieden von Utrecht von Spanien offiziell abgetreten. Seither versucht Spanien, das kleine Gebiet – darunter mit drei Belagerungen im 18. Jahrhundert – wieder zurückzuerlangen.

Gibraltar selber gibt sich sehr europäisch. Als die Briten 2016 den Austritt aus der EU beschlossen, stimmten im kleinen Überseegebiet 96 Prozent für den Verbleib. Der Brexit wurde am 31. Januar 2020 vollzogen, bis Ende 2020 galt eine Übergangsphase.

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