Kumpelei und Nord Stream 2
Das Putin-Problem der SPD

Die Nähe zahlreicher SPD-Spitzenpolitiker zu Russland rückt in den Fokus, jüngst Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Nun bemüht sich die Parteispitze um Schadensbegrenzung.
Publiziert: 19.04.2022 um 19:17 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2022 um 22:51 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Seit kurzem ist der «SPD Ortsverband Moskau» auf Twitter. Der Account teilt vor allem Fotos von früheren Begegnungen von SPD-Spitzenpolitikern mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) und seinen Vasallen: Man sieht Altkanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder (78) unzählige Male mit dem russischen Präsidenten schäkern, aber auch den ehemaligen Aussenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (62) oder den heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (66), wie er den russischen Aussenminister Sergej Lawrow (72) am Arm berührt.

Der Account ist Satire, die Bilder sind echt.

Über Jahre hat der Kreml den Kontakt mit deutschen Politikerinnen und Politikern gesucht und intensiviert. Das zeigt auch eine neue Recherche des WDR und der «Süddeutschen Zeitung» über den umtriebigen russischen Diplomaten Daniil Anatolyevich Bisslinger (33), der emsig im Berliner Polit-Betrieb und der Wirtschaft netzwerkte.

Die Grünen fordern eine Untersuchung der Vorwürfe gegen Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).
Foto: IMAGO/Political-Moments
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Grüne fordern Untersuchung von Aktivitäten der SPD-Ministerpräsidentin

Auch Politiker von CDU und AfD sind betroffen. Doch nirgends verfing die russische Beziehungspflege gesamthaft offenbar so sehr wie bei den Sozialdemokraten, die den USA traditionell kritischer gegenüberstehen und für Russland um Verständnis warben.

Medienberichte zeigen, wie eng das Verhältnis zwischen den deutschen Sozialdemokraten und dem Kreml mitsamt dessen Unternehmen vor dem Krieg war. Von Schröder, der heute im Sold des Kremls steht, bis zu Bundespräsident Steinmeier, der als Aussenminister auf «Annäherung durch Verflechtung» setzte bis hin zu Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (47), die wegen ihrer mutmasslichen Verwicklungen beim Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 zunehmend unter Druck gerät.

Nicht nur die Opposition, sondern auch die Grünen, die im Bund und in vielen Bundesländern mit der SPD koalieren, fordern eine Aufarbeitung der Rolle der SPD-Spitzenpolitikerin.

«Die Verwebung zwischen der Schweriner Landesregierung und dem russischen Staatskonzern Gazprom war stets verheerend und muss nun endlich aufgearbeitet werden», sagte der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour (46) der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Schwesigs bisherige Äusserungen dazu genügten nicht. «Ein ‹Huch, war wohl ein Fehler› wird da nicht reichen.»

SPD-Parteispitze trifft sich mit Ukraines Botschafter

Nun hat offenbar auch die SPD-Spitze das Problem erkannt. Und trat prompt ins nächste Fettnäpfchen. Nachdem Ex-Aussenminister Sigmar Gabriel (62) dem ukrainischen Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk (46), die Verbreitung von «Verschwörungstheorien» vorwarf, bemühen sich die Parteivorsitzenden offenbar um eine Glättung der Wogen.

«Gerade in Zeiten, in denen uns die Herzen schwer sind und die Debatten manchmal hitzig, ist es umso wertvoller, das offene und vertrauensvolle Gespräch zu pflegen. Danke dafür @MelnykAndrij», twitterte Parteichefin Saskia Esken (60) am Dienstagmorgen zu einem Foto, das sie und ihren Co-Chef Lars Klingbeil (44) mit Melnyk zeigte. Bloss: Das Foto stammt vom 6. April, das neue Treffen ist erst für morgen Mittwoch angesetzt.

Und wie harmonisch das Treffen tatsächlich abläuft, wird sich erst noch zeigen. Denn während Putin im Osten der Ukraine zum Vernichtungsfeldzug bläst, blockt die Führungsspitze der Sozialdemokraten – vor allem der Kanzler Olaf Scholz (63) selbst – bei der Frage nach Waffenlieferungen.

Ukraines Botschafter dürfte die Genossen damit nicht davonkommen lassen. Melnyk teilte Eskens Tweet bereits und bedankte sich für deren Einladung zu einem neuen Gespräch. Er freue sich auf das morgige Treffen – und hoffe, dass die SPD «ENDLICH das grüne Licht für schwere Waffen an die Ukraine & fürs Embargo vom Gas & Öl geben wird, um den Vernichtungskrieg zu stoppen».

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