Oppositionschef fordert Maduro heraus
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Machtkampf in Venezuela:Oppositionschef fordert Maduro heraus

Machtkampf in Venezuela – Trump anerkennt Guaidó als Übergangspräsidenten
Militär stellt sich auf Maduros Seite - 13 Tote

In Venuezuela eskaliert die Lage. Parlamentspräsident Juan Guaidó erklärt sich zum Staatschef – und wird von Trump anerkannt. Derweil tobt Präsident Nicolas Maduro – und bricht die diplomatische Beziehungen zu USA ab.
Publiziert: 23.01.2019 um 20:26 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2019 um 20:00 Uhr
  • Venezuelas Parlamentspräsident Juan Guaidó erklärt sich zum Staatschef
  • USA, Brasilien, Kolumbien und Paraguay anerkennen ihn als Übergangs-Präsidenten
  • Präsident Nicolas Maduro bricht diplomatische Beziehungen zu USA ab
  • Zehntausende Demonstranten in Venezuela liefern sich Kämpfe mit Polizei
  • Sozialisten und Militär stellen sich hinter Maduro
  • EU-Ratspräsident Donald Tusk unterstützt «demokratische Kräfte», nämlich das Parlament
  • 13 Menschen starben schon bei Unruhen
Im Machtkampf in Venezuela ist vorerst keine Einigung in Sicht. Der selbsternannte Übergangspräsident Juan Guaidó lehnte am Freitag einen «falschen Dialog» mit Staatschef Nicolás Maduro ab.
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Venezuelas Parlamentspräsident Juan Guaidó (35) hat sich am Mittwoch vor Tausenden jubelnden Anhängern selber zum Übergangs-Staatschef des von Korruption und Armut geplanten Landes ausgerufen.

«Vor dem allmächtigen Gott gelobe ich, die Kompetenzen der Exekutive als Interims-Präsident von Venezuela zu übernehmen», sagte Juan Guaidó an einer Kundgebung in Caracas. «Lasst uns alle schwören, dass wir nicht ruhen, bis wir die Freiheit erlangt haben.»

Minuten später anerkannte US-Präsident Donald Trump den Oppositionsführer als rechtmässigen Übergangspräsidenten an.

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US-Diplomaten müssen das Land verlassen

Venezuela brach daraufhin die diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten ab. Diplomatisches Personal müsse innerhalb von 72 Stunden das Land verlassen, sagte Maduro.

«Ich habe entschieden, die diplomatischen und politischen Beziehungen zur imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten abzubrechen», sagte Maduro. «Raus! Weg aus Venezuela. Hier herrscht Würde, verdammt.»

Die USA haben diese Ankündigung jedoch zurückgewiesen. «Die Vereinigten Staaten erkennen das Maduro-Regime nicht als Regierung Venezuelas an», erklärte US-Aussenminister Mike Pompeo. Entsprechend habe Maduro nicht die «rechtliche Befugnis», die diplomatischen Beziehungen zu den USA abzubrechen oder US-Diplomaten zu unerwünschten Personen zu erklären.

Die US-Regierung rief Maduro zu einer friedlichen Machtübergabe auf und drohte dem Sozialisten andernfalls mit schweren Konsequenzen. Er forderte andere Regierungen im Westen dazu auf, Guaidó ebenfalls als Übergangspräsidenten anzuerkennen.

Militär verteidigt Maduro

Die regierenden Sozialisten riefen dagegen zur Verteidigung Maduros auf. «Der Präsident ist Nicolás Maduro», sagte der Vizepräsident der sozialistischen Partei PSUV, Diosdado Cabello, bei einer Kundgebung. «Wer Präsident sein will, soll zum (Präsidentenpalast) Miraflores kommen. Dort wird das Volk sein und Nicolás Maduro verteidigen.»

Auch Maduro schwor seine Anhänger auf die Verteidigung seiner sozialistischen Regierung ein. «Hier ergibt sich niemand», sagte der Staatschef. Venezuela habe das Recht, sich selbst souverän zu regieren.

Guaidó rief die Streitkräfte dazu auf, sich auf die Seite der Regierungsgegner zu stellen. Doch das Militär unterstützt Maduro. «Die Soldaten des Vaterlandes akzeptieren keinen Präsidenten, der von dunklen Mächten eingesetzt wird, oder sich abseits des Rechts selbst einsetzt.» Dies schrieb Verteidigungsminister Vladimir Padrino am Mittwoch auf Twitter. «Die Streitkräfte verteidigen unsere Verfassung und sind der Garant unserer nationalen Souveränität.»

Die Opposition beruft sich auf die Verfassung, nach der das Parlament übergangsweise die Exekutivgewalt übernehmen kann, wenn es keinen legitimen Präsidenten gibt.

Mexiko hält zu Maduro

Nach den USA anerkannten auch Brasilien, Kolumbien und Paraguay Guadió als legitimen Übergangs-Staatschef an. Die Führung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) stellte sich ebenfalls hinter Guaidó. Mexikos Regierung hielt dagegen an Maduro fest.

Unterdessen setzt EU-Ratspräsident Donald Tusk nach eigenen Worten auf eine einheitliche Position der EU-Mitgliedstaaten zur «Unterstützung der demokratischen Kräfte» in Venezuela. Anders als der umstrittene sozialistische Staatschef Nicolás Maduro hätten das venezolanische Parlament und dessen Präsident, Oppositionsführer Juan Guaidó, «ein demokratisches Mandat» der Bürger, schrieb Tusk am Mittwochabend auf Twitter.

Am Mittwoch gingen in ganz Venezuela Zehntausende Menschen gegen die sozialistische Regierung auf die Strassen. Die Demonstranten zeigten Transparente mit der Aufschrift «Wir sind frei» und skandierten «Sie wird stürzen, sie wird stürzen, diese Regierung wird stürzen».

Die Polizei feuerte Tränengasgranaten und Gummigeschosse in die Menge. Vermummte Demonstranten schleuderten Steine auf die Sicherheitskräfte. Nach Medienberichten wurden mehrere Demonstranten festgenommen.

Auch Maduros Anhänger gingen auf die Strassen, um die Regierung zu unterstützen. Der 23. Januar ist ein symbolisches Datum für das Land, weil an diesem Tag 1958 der damalige venezolanische Diktator Marcos Pérez Jiménez gestürzt wurde.

Am Dienstag und Mittwoch sind bei diesen Unruhen und Protesten bereits 13 Menschen ums Leben gekommen. Die meisten Menschen seien durch Schusswaffen getötet worden. Dies sagte der Leiter der Nichtregierungsorganisation Beobachtungsstelle für soziale Konflikte (OVCS), Marco Ponce, am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.

Drei Millionen Venezolaner auf der Flucht

Venezuela, das Land mit den grössten Erdölreserven der Welt, streckt in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Die Opposition wird unterdrückt, viele Regierungsgegner sitzen in Haft oder sind ins Exil geflohen.

Aufgrund von Devisenmangel kann das einst reiche Land kaum noch Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs importieren. Rund drei Millionen Venezolaner sind bereits vor dem Elend ins Ausland geflohen.

Maduro hatte sich vor zwei Wochen für seine zweite Amtszeit vereidigen lassen. Zahlreiche Staaten, internationale Organisationen und die Opposition erkennen ihn nicht als legitimen Präsidenten an, weil die Wahlen im vergangenen Jahr nicht demokratischen Standards entsprachen. Unterstützt wird Maduro hingegen von seinen Verbündeten in Kuba, Bolivien und Nicaragua. Zuletzt versuchte er auch, seine Beziehungen zu Russland, China und der Türkei zu vertiefen. (SDA)

USA und Venezuela: Beziehungen mit Beleidigungen, Sanktionen und Putschvorwürfen

Seit in Venezuela 1999 der Linksnationalist Hugo Chávez zum Präsidenten gewählt wurde, gestalten sich die Beziehungen zu den USA schwierig. Unter Chávez Nachfolger Nicolás Maduro wurde das Verhältnis zuletzt noch angespannter.

  • Washington unterstützt die Opposition und weigert sich, Maduros Wiederwahl als Staatschef im vergangenen Mai anzuerkennen. Maduro beschuldigt die USA, einen Staatsstreich gegen ihn angezettelt zu haben.
     
  • 2001 startet Chávez im Rahmen seiner «Bolivarischen Revolution» ein Programm zur Verstaatlichung von Betrieben. Die sogenannten Wiederaneignungen betreffen unter anderem den Ölsektor, das Agrobusiness, Banken und den Grosshandelsvertrieb. Auch US-Unternehmen wie ConocoPhilipps und Exxonmobil sind betroffen, sie gehen gerichtlich dagegen vor.
     
  • 2002 wehrt Caracas einen Putschversuch ab. Chávez bezichtigt den damaligen US-Präsidenten George W. Bush, den er «Teufel» nennt, seine Hände im Spiel gehabt zu haben.
     
  • Washington irritieren Chávez' Kontakte zum Irak und zu Libyen, seine Ablehnung des Neoliberalismus, seine Freundschaft mit dem kubanischen Präsidenten Fidel Castro und seine mutmasslichen - von ihm stets bestrittenen - Verbindungen zur kolumbianischen Guerilla. Chávez geisselt unterdessen den US-Imperialismus und droht ihm den «K.-o.-Schlag» an.
     
  • In seiner wöchentlichen Fernsehsendung «Aló Presidente» bezeichnet Chávez Bush als «Feigling», «Mörder», «an einem Völkermord Beteiligter» oder «Alkoholiker». US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wiederum vergleicht 2006 Chávez mit Hitler.
     
  • Bush erklärt 2008, Chávez habe in seiner Kampagne gegen die USA den Erdölreichtum seines Landes «verplempert», seine Landsleute der Lebensmittelknappheit überlassen und gleichzeitig seinen Nachbarn gedroht.
     
  • Strafmassnahmen verhängen die USA 2006, indem sie den Verkauf von Waffen und Militärmaterial an Venezuela untersagen. Zur Begründung verweist Washington auf die mangelnde Zusammenarbeit Venezuelas beim Anti-Terrorkampf.
     
  • Seit 2010 haben beide Staaten keinen Botschafter in den jeweiligen Hauptstädten.
     
  • 2015 erlässt Washington Sanktionen gegen Mitglieder der venezolanischen Führung wegen «Menschenrechtsverletzungen». Venezuela versichert in einer in der «New York Times» geschalteten Anzeige, keine «Bedrohung» darzustellen und fordert US-Präsident Barack Obama auf, die Sanktionen zurückzunehmen.
     
  • Andere Strafmassnahmen der USA richten sich in den vergangenen Jahren gegen venezolanische Spitzenpolitiker. Dazu gehört auch der als «Diktator» bezeichnete Staatspräsident Maduro.
     
  • Caracas führt den Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten im Land auf die Sanktionen zurück.
     
  • Im August 2017 spricht US-Präsident Donald Trump von einer «möglichen militärischen Option» in Venezuela und löst damit Empörung in Caracas und ganz Lateinamerika aus.
     
  • Am Dienstag wirft Maduro Washington vor, einen «faschistischen Staatsstreich» angeordnet zu haben und bezieht sich damit auf einen gescheiterten Aufstandsversuch von Soldaten in Caracas am Montag.
     
  • US-Vizepräsident Mike Pence solidarisiert sich mit der Demonstration der Regierungsgegner am Mittwoch. Am selben Tag anerkennt US-Präsident Trump den oppositionellen Parlamentspräsidenten Juan Guaidó als «Interimsstaatschef» an. Die von den USA dominierte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) tut das Gleiche.

 

Seit in Venezuela 1999 der Linksnationalist Hugo Chávez zum Präsidenten gewählt wurde, gestalten sich die Beziehungen zu den USA schwierig. Unter Chávez Nachfolger Nicolás Maduro wurde das Verhältnis zuletzt noch angespannter.

  • Washington unterstützt die Opposition und weigert sich, Maduros Wiederwahl als Staatschef im vergangenen Mai anzuerkennen. Maduro beschuldigt die USA, einen Staatsstreich gegen ihn angezettelt zu haben.
     
  • 2001 startet Chávez im Rahmen seiner «Bolivarischen Revolution» ein Programm zur Verstaatlichung von Betrieben. Die sogenannten Wiederaneignungen betreffen unter anderem den Ölsektor, das Agrobusiness, Banken und den Grosshandelsvertrieb. Auch US-Unternehmen wie ConocoPhilipps und Exxonmobil sind betroffen, sie gehen gerichtlich dagegen vor.
     
  • 2002 wehrt Caracas einen Putschversuch ab. Chávez bezichtigt den damaligen US-Präsidenten George W. Bush, den er «Teufel» nennt, seine Hände im Spiel gehabt zu haben.
     
  • Washington irritieren Chávez' Kontakte zum Irak und zu Libyen, seine Ablehnung des Neoliberalismus, seine Freundschaft mit dem kubanischen Präsidenten Fidel Castro und seine mutmasslichen - von ihm stets bestrittenen - Verbindungen zur kolumbianischen Guerilla. Chávez geisselt unterdessen den US-Imperialismus und droht ihm den «K.-o.-Schlag» an.
     
  • In seiner wöchentlichen Fernsehsendung «Aló Presidente» bezeichnet Chávez Bush als «Feigling», «Mörder», «an einem Völkermord Beteiligter» oder «Alkoholiker». US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wiederum vergleicht 2006 Chávez mit Hitler.
     
  • Bush erklärt 2008, Chávez habe in seiner Kampagne gegen die USA den Erdölreichtum seines Landes «verplempert», seine Landsleute der Lebensmittelknappheit überlassen und gleichzeitig seinen Nachbarn gedroht.
     
  • Strafmassnahmen verhängen die USA 2006, indem sie den Verkauf von Waffen und Militärmaterial an Venezuela untersagen. Zur Begründung verweist Washington auf die mangelnde Zusammenarbeit Venezuelas beim Anti-Terrorkampf.
     
  • Seit 2010 haben beide Staaten keinen Botschafter in den jeweiligen Hauptstädten.
     
  • 2015 erlässt Washington Sanktionen gegen Mitglieder der venezolanischen Führung wegen «Menschenrechtsverletzungen». Venezuela versichert in einer in der «New York Times» geschalteten Anzeige, keine «Bedrohung» darzustellen und fordert US-Präsident Barack Obama auf, die Sanktionen zurückzunehmen.
     
  • Andere Strafmassnahmen der USA richten sich in den vergangenen Jahren gegen venezolanische Spitzenpolitiker. Dazu gehört auch der als «Diktator» bezeichnete Staatspräsident Maduro.
     
  • Caracas führt den Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten im Land auf die Sanktionen zurück.
     
  • Im August 2017 spricht US-Präsident Donald Trump von einer «möglichen militärischen Option» in Venezuela und löst damit Empörung in Caracas und ganz Lateinamerika aus.
     
  • Am Dienstag wirft Maduro Washington vor, einen «faschistischen Staatsstreich» angeordnet zu haben und bezieht sich damit auf einen gescheiterten Aufstandsversuch von Soldaten in Caracas am Montag.
     
  • US-Vizepräsident Mike Pence solidarisiert sich mit der Demonstration der Regierungsgegner am Mittwoch. Am selben Tag anerkennt US-Präsident Trump den oppositionellen Parlamentspräsidenten Juan Guaidó als «Interimsstaatschef» an. Die von den USA dominierte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) tut das Gleiche.

 

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