Vucic geht in seinen Lügen unter
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Corona-Proteste in Serbien:Polizisten prügeln auf friedliche Passanten ein

Krasse Twitter-Videos
Polizei prügelt in Serbien brutal auf Protestierende ein

Nach der zweiten heftigen Demo-Nacht in Belgrad mehren sich Berichte über Polizeigewalt. Videos zeigen, wie serbische Polizisten auf wehrlose Demonstranten einprügeln.
Publiziert: 09.07.2020 um 12:16 Uhr
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Aktualisiert: 09.07.2020 um 14:16 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Sie schlagen, sie prügeln, sie treten. Ein schockierendes Video zeigt, wie serbische Polizisten einen wehrlosen Mann vor dem Palata Albania in Belgrad attackieren. Zahlreiche Beamte in voller Schutzmontur laufen an dem am Boden liegenden Mann vorbei – und hauen noch mal drauf.

Die zweite Nacht in Folge kam es am Mittwochabend in Serbiens Hauptstadt zu heftigen Zusammenstössen zwischen der Polizei und Demonstranten. Wie schon am Vorabend kam es zu Strassenschlachten zwischen Demonstranten und Bereitschaftspolizisten. Die Polizei setzte grossflächig Tränengas und Knüppel ein, eine kleine gewaltbereite Gruppe warf Steine und Feuerwerkskörper – Bilder und Videos der Nacht zeigen chaotische Szenen. 19 Beamte und 17 Demonstranten erlitten Verletzungen, berichtete der Fernsehsender «N1» unter Berufung auf Spitalärzte.

Mehrere Prügel-Videos zeigen Polizeigewalt

Innenminister Nebojsa Stefanovic (43) lobte die Sicherheitskräfte am Mittwochabend für ihre «Ruhe» – die Polizisten hätten sich nur «verteidigt», als sie selbst bedroht worden seien. Videos und Fotos der Protestnacht zeigen ein anderes Bild. Bereits am Mittwoch hatte der Sender «N1» ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie Polizisten offenbar grundlos auf drei friedlich auf einer Bank sitzende Männer einprügeln. In den sozialen Medien mehren sich die Berichte über Polizeigewalt bei den Anti-Regierungs-Protesten in Serbien. Aus Novi Sad gibt es ein Video, in dem Polizisten einen Jugendlichen offenbar grundlos von seinem Velo zerren und schlagen.

Ein Twitter-Video zeigt, wie Polizisten auf einen Wehrlosen einprügeln.
Foto: Screenshot
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Bereits seit Herbst 2018 gibt es regelmässig Proteste gegen die Regierung des immer autoritärer auftretenden Präsidenten Aleksandar Vucic (50). Die neue Protestwelle hatte am Dienstagabend begonnen, nachdem der Staatschef wegen der steigenden Fallzahlen neue Corona-Massnahmen angekündigt hatte. 5000 Demonstranten hätten sich zunächst friedlich versammelt, berichtet «Blic»-Journalist Ivan Jovanovic (38). «Erst als gewaltbereite Protestierende ins Parlamentsgebäude eindrangen, eskalierte die Situation», sagt Jovanovic zu BLICK.

Polizei schlägt Velofahrer
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Novi Sad:Polizei schlägt Velofahrer

Protest in insgesamt vier Städten

Am Mittwoch weitete sich der Protest auf weitere Städte aus. Auch in Novi Sad, Nis und Kragujevac gingen Menschen gegen Vucic auf die Strasse – obwohl dieser seine Ankündigung vom Dienstag, eine Ausgangssperre über das gesamte kommende Wochenende zu verhängen, kurz vorher zurückgezogen hatte. Doch die Wut der Serben auf ihre Regierung reicht weiter als nur bis zur katastrophalen Corona-Politik.

Die Regierung versucht, die Proteste als «Putschversuch» und als Ergebnis der angeblichen Wühlarbeit nicht näher bezeichneter ausländischer Mächte darzustellen. «All dies ist nur als nackte Gewalt zu bezeichnen, die darauf abzielt, die Macht zu übernehmen», erklärte Innenminister Nebojsa Stefanovic in der Nacht zum Donnerstag.

«Ich wurde von Ihren Leuten angegriffen», schreibt der bekannte Schauspieler und Aktivist Sergej Trifunovic (47) wütend in Richtung der serbischen Regierung auf Twitter – ob er Sicherheitskräfte oder regierungstreue Zivilisten meint, ist unklar. Er kritisiert aber auch eine Instrumentalisierung der Proteste durch links- und rechtsextreme Kräfte: «Die sogenannten Oppositionsführer (...) sollten nicht versuchen, aus Protesten und offensichtlicher Unzufriedenheit der Bevölkerung zu ihren Gunsten Kapital zu schlagen.»

Lockerte Serbien zu früh?

Die Corona-Politik führt zu neuen Spannungen in Serbien. Das Balkanland befand sich von Mitte März bis Anfang Mai in einem strikten Lockdown mit umfassenden Ausgangssperren und drakonischen Strafen für Verstösse gegen Bewegungsverbote und Quarantäneauflagen. Die Massnahmen, die viel härter waren als etwa in den Nachbarländern Kroatien und Ungarn, waren unbeliebt, führten aber zu einer signifikanten Eindämmung der Pandemie.

Ende Mai hob Vucic den Ausnahmezustand auf und setzte die im April geplanten und verschobenen Parlamentswahlen für den 21. Juni an, die seine Regierungspartei SNS – unter dem Boykott der meisten Oppositionskräfte – haushoch gewann. Mit dem Ende des Ausnahmezustands fielen praktisch übergangslos alle bisherigen Einschränkungen.

Vucic will keine neue Ausgangssperre

Es gab Wahlkampf auf öffentlichen Plätzen, Fussballspiele vor bis zu 20'000 Zuschauern, die Nachtgastronomie durfte wieder öffnen. Seit etwa zwei Wochen stecken sich jedoch in Serbien wieder durchschnittlich 300 Menschen am Tag mit dem Coronavirus an. Besonders die Hauptstadt Belgrad ist betroffen. Am Dienstag hatte Vucic davon gesprochen, dass dort die Krankenhäuser bereits an den Grenzen ihrer Kapazitäten angelangt seien.

Für den Donnerstag kündigte der Präsident die Bekanntgabe von neuen Anti-Corona-Massnahmen an. Eine Ausgangssperre wie zur Zeit des Ausnahmezustands schloss er ausdrücklich aus.

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