«Es gibt keine zwei Brasilien, nur ein Volk»
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Lula will das Land versöhnen:«Es gibt keine zwei Brasilien, nur ein Volk»

Machtwechsel in Brasilien
Ex-Präsident Lula entscheidet Stichwahl-Krimi gegen Amtsinhaber Bolsonaro für sich

Bei der Präsidenten-Stichwahl in Brasilien liefern sich der linke Ex-Präsident Lula da Silva und der rechte Amtsinhaber Jair Bolsonaro ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Schliesslich triumphiert Lula mit einem erstaunlichen Comeback – und wird zum dritten Mal Präsident.
Publiziert: 30.10.2022 um 23:03 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2022 um 08:12 Uhr

Bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien hat der linksgerichtete Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva (77) das Kopf-an-Kopf-Rennen hauchdünn für sich entschieden. Rund zwei Stunden nach Schliessung der Wahllokale meldete die brasilianische Wahlbehörde den Stichwahlsieg Lulas. Der Oppositionsführer erreichte 50,9 Prozent der Stimmen, Amtsinhaber Jair Bolsonaro (67) kam auf 49,1 Prozent. Die Stimmbeteiligung lag bei rund 77 Prozent. Eine Umkehr des Resultats war nach Angaben der Behörde mathematisch unmöglich. Auf Twitter feierte Lula sein Comeback mit einem Foto der brasilianischen Landesflagge mit einer Hand – und einem Wort: «Demokratie».

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Der frühere Gewerkschafter Lula hatte das mit 210 Millionen Einwohnern grösste Land in Lateinamerika bereits von Anfang 2003 bis Ende 2010 regiert. Er ist der erste demokratisch gewählte Präsident Brasiliens, der in eine dritte Amtszeit geht. Viele seiner Anhänger verbinden Lula mit den goldenen Zeiten Brasiliens, als die Wirtschaft aufgrund der hohen Rohstoffpreise boomte und die Regierung mithilfe von Sozialprogrammen Millionen Menschen aus der bittersten Armut holte. Für seine Gegner hingegen ist Lula verantwortlich für Korruption und Vetternwirtschaft.

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Gewählter Präsident Lula will Brasilien versöhnen

Nach einem erbittert geführten Wahlkampf will Brasiliens gewählter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva die verfeindeten Lager in dem südamerikanischen Land miteinander versöhnen. «Ich werde für 215 Millionen Brasilianer regieren», sagte Lula am Sonntagabend (Ortszeit) in seiner ersten Rede nach der Wahl in São Paulo. «Es gibt keine zwei Brasilien, nur ein Volk.» Nun sei der Moment gekommen, den Frieden wieder herzustellen.

Nach einem erbittert geführten Wahlkampf will Brasiliens gewählter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva die verfeindeten Lager in dem südamerikanischen Land miteinander versöhnen. «Ich werde für 215 Millionen Brasilianer regieren», sagte Lula am Sonntagabend (Ortszeit) in seiner ersten Rede nach der Wahl in São Paulo. «Es gibt keine zwei Brasilien, nur ein Volk.» Nun sei der Moment gekommen, den Frieden wieder herzustellen.

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Der Wahlkampf war über Monate hinweg von schweren gegenseitigen Beschuldigungen und im Internet verbreiteten Falschinformationen geprägt. Bis zuletzt kämpften beide Kandidaten um jede Stimme. Präsident Bolsonaro streute immer wieder Zweifel am Wahlsystem und deutete an, das Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen. Einige seiner Anhänger forderten unverhohlen einen Militärputsch. Zunächst hat sich der «Trump von Südamerika» noch nicht zu seiner knappen Wahlniederlage geäussert. Brasilianischen Medienberichten zufolge sei unklar, ob er diese akzeptieren und womöglich vor Gericht anfechten werde.

Machtwechsel in Brasilien: Ex-Präsident Lula da Silva triumphiert ganz knapp über Amtsinhaber Jair Bolsonaro.
Foto: Getty Images
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Behinderung von Wählern – Wahlaufsicht schaltete sich ein

Während der Präsidentschaftswahl haben von der Verkehrspolizei eingerichtete Kontrollpunkte für Unruhe gesorgt. Sie hatten die Anreise zu Wahllokalen erschwert. Durch diese Kontrollen an Strassensperren sei am Sonntag die Weiterfahrt von Bussen mit Wählerinnen und Wählern verzögert worden, erklärte der Vorsitzende des Obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes. Die Sperren wurden später aufgehoben.

Die verschärften Verkehrskontrollen fanden im Nordosten des Landes statt, wo der linksgerichtete Oppositionskandidat Lula da Silva besonders starken Rückhalt hat. Führende Vertreter von Lulas Arbeiterpartei (PT) verbreiteten Videos in den Onlinenetzwerken von Bussen mit Wählerinnen und Wählern, die an den Kontrollpunkten stillstanden. «Was im Nordosten passiert, ist inakzeptabel», hatte Lula erklärt.

Der oberste Wahlaufseher Moraes versicherte später, die Polizeikontrollen hätten lediglich zur «Verzögerung» bei der Stimmabgabe geführt. Keiner der Busse sei von der Polizei angewiesen worden, umzudrehen und zum Herkunftsort zurückzufahren. Das Wahlrecht sei nicht verletzt worden. (SDA/AFP/kes)

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