Kinder berichten über die Gräueltaten des IS
«Mein Onkel ist einfach explodiert»

Die beiden einstigen IS-Hochburgen Rakka und Mossul stehen kurz vor der Rückeroberung. Kinder berichten nun, was die Terroristen ihren Familien angetan haben.
Publiziert: 05.07.2017 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 05.10.2018 um 00:18 Uhr
«Sie töteten meinen Bruder vor meinen Augen»
2:04
Kinder sprechen über den IS-Terror:«Sie töteten meinen Bruder vor meinen Augen»
Guido Felder

Es sind erschreckende Aussagen, die Kinder gegenüber der Hilfsorganisation «Save the Children» gemacht haben. Die Hilfsorganisation hat im Vertriebenenlager Hammam al Alil südlich der irakischen Stadt Mossul mit 65 Kindern im Alter zwischen 10 und 15 Jahren gesprochen.

Sie erzählen, wie der IS sie zwang, Morde, Folter und Steinigungen mitanzusehen. Sie berichten von toten Menschen auf der Strasse, von Scharfschützen, Explosionen und Landminen.

Kinder verhalten sich «roboterhaft»

Praktisch alle befragten Kinder gaben an, Familienangehörige verloren zu haben. Experten von Save the Children berichten, wie sich die Kinder «roboterhaft» verhielten: Die zeigen keine Emotionen, spielen nicht und haben grösste Mühe, einfachste Anweisungen zu verstehen.

Sara (11) verlor ihren 14-jährigen Bruder: Er wurde vor der Haustüre durch einen IS-Scharfschützen erschossen.
Foto: Save the Children
1/16

Marcia Brophy, Save-the-Children-Expertin für mentale Gesundheit von Kindern, sagt: «Es ist erschreckend, wie sich die Kinder zurückziehen. Sie lächeln kaum noch. Mir kam es so vor, als wüssten sie nicht mehr, wie man Kind ist.»

Mossul in einer Woche befreit

Noch eine Woche, und dann soll die irakische Stadt Mossul vom IS befreit sein. Die Anti-Terror-Einheit der irakischen Armee schätzt, dass sich noch mindestens 200 IS-Kämpfer im Zentrum befinden.

Nach der Rückeroberung der symbolträchtigen Al-Nuri-Moschee hatte der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi am Donnerstag bereits das Ende des IS-Kalifats verkündet. Die Rückeroberung der Moschee erfolgte auf den Tag genau drei Jahre nach der Ausrufung des Kalifats.

Die traurigen Aussagen der Kinder

«Ich träume von einer Frau mit Blut im ganzen Gesicht.»
Mädchen, 10–12 Jahre

«Meine Tante war gerade am Backen, dann wurde sie plötzlich angegriffen und getötet. Ich habe Angst, und es macht mich sehr traurig, weil ich sie sehr gerne hatte.»
Mädchen, 10–12 Jahre

«Der IS hat die Frauen gefangen genommen und in ein Auto gebracht. Sie konnten nicht entkommen. Dann haben sie ihre Leichen auf den Müll geworfen.»
Mädchen, 10–12 Jahre

«Ich habe Albträume von toten Menschen.»
Mädchen, 10–12 Jahre

«Ich habe diesen Albtraum, dass alles in Mossul kaputt geht, die Häuser, die Schulen, die Menschen.»
Mädchen, 13–15 Jahre

«Ich hatte Angst, weil wir nicht genug zu essen hatten, um meine kleine Schwester zu füttern.»
Mädchen, 13–15 Jahre

«Seit ich hier im Camp bin, fühle ich mich nicht sicher. Ich kann noch nicht glauben, dass wir hier sind. Ich glaube, wir sind nicht weit genug weg vom IS.»
Mädchen, 13–15 Jahre

«Alles war zerstört, überall waren Leichen, die Menschen haben geschrien und geblutet.»
Mädchen, 13–15 Jahre

«Der IS ist in unser Haus gekommen. Sie gingen ins Zimmer meiner Grosseltern und haben sie mitgenommen. Sie haben viele meiner Familie getötet.»
Bub, 10–12 Jahre

«Der IS hat meinem Bruder eine Zigarette angeboten. Also ist er zu ihnen gegangen und hat die Zigarette genommen. Dann haben sie ihm in den Rücken geschossen.»
Bub, 10–12 Jahre

«Mein Onkel grub gerade in der Erde, als ein Flugzeug kam und eine Rakete auf ihn abwarf. Er ist einfach explodiert.»
Bub, 10–12 Jahre

«Ich habe grosse Angst, wenn ich zum Beispiel ein Monster sehe oder tote Menschen in den Strassen.»
Bub, 13–15 Jahre

«Ich hatte grosse Angst, als wir vor dem IS geflüchtet sind, weil sie auf uns geschossen haben und uns töten wollten.»
Bub, 13–15 Jahre

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?