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Keine Todesangst in den letzten Minuten?
Lufthansa entsetzt Angehörige der Germanwings-Opfer

Beim Selbstmordanschlag von Germanwings-Co-Pilot Andreas Lubitz (†27) kamen 150 Menschen ums Leben. Die Angehörigen fordern Schmerzensgeld. Nun sorgt ein Schreiben des Lufthansa-Konzerns für Wirbel.
Publiziert: 12.08.2019 um 08:56 Uhr
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Aktualisiert: 23.03.2020 um 16:32 Uhr

Es ist einer der schlimmsten Flugzeugabstürze in der jüngeren Geschichte der Luftfahrt: Der Germanwings-Flug 9525 stürzte am 24. März 2015 in den französischen Alpen ab. (Blick berichtete) Den Ermittlern zufolge hat Co-Pilot Andreas Lubitz die Maschine absichtlich in die Bergmassen gesteuert – und so 150 Menschen in den Tod gerissen.

Über vier Jahre nach der Tragödie warten die Angehörige der Opfer immer noch auf Schmerzensgeld. Im Herbst soll eine Sammelklage mehrerer Hinterbliebenen gegen den Lufthansa-Konzern am Landgericht in Essen (D) behandelt werden. Doch im Vorfeld schockiert nun Lufthansa die Angehörigen mit einem Schreiben, wie «BILD» berichtet.

Will Lufthansa weniger Schmerzensgeld bezahlen?

Marlies Weiergräber (66) packt in der deutschen Zeitung aus. Ihr Anwalt habe vor Kurzem eine Stellungnahme der Airline zugeschickt bekommen. Darin heisst es, dass die Passagiere nichts von dem nahenden Absturz mitbekommen haben sollen. Will Lufthansa so die Höhe des Schmerzensgeldes senken?

Angehörige gedenken der Opfer des Germanwings-Flug 9525. Am 24. März 2015 stürzte das Flugzeug in den französischen Alpen ab.
Foto: Thomas Lohnes
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Weiergräber ist entsetzt ob dieser Behauptung. Sie hat beim Absturz ihren Bruder Klaus (†67) und ihre Nichte Jessica (†37) verloren. «Dass die beiden und alle anderen Opfer keine Todesangst gehabt haben sollen, ist nicht nachvollziehbar. Es gibt genügend Hinweise, die das Gegenteil beweisen», sagt Weiergräber.

Ihr Anwalt, Elmar Giemulla, sagt zu «BILD»: «Aufnahmen des Voice-Recorders bestätigen, dass in den letzten zehn Minuten des Fluges mehrfach gegen die Cockpit-Tür geschlagen wurde. Der ausgesperrte Kapitän hat Einlass verlangt.» Ausserdem könne von einem normalen Sinkflug nicht die Rede sein: «Zeitweise sank das Flugzeug mit gut 90 km/h, im Landeanflug sind 24 km/h normal. Das ist ein deutlich merkbarer Unterschied», so der Flugrechtexperte.

Lufthansa reagiert auf Kritik

Doch damit nicht genug. Giemulla äussert einen weiteren Vorwurf gegen Lufthansa: «Dass der Pilot zu Beginn seiner Ausbildung unter Depressionen litt, war klar. Er durfte mit Sondergenehmigung fliegen. Doch erneute erforderliche Untersuchungen seiner psychischen Gesundheit sind ausgeblieben.» Laut neuer EU-Richtlinie ab April 2013 wäre dies jedoch zwingend notwendig gewesen.

Lufthansa reagierte auf die Kritik. Ein Sprecher sagt gegenüber der deutschen Zeitung: «Die Situation an Bord wurde von den Behörden ermittelt. Verfehlungen oder Pflichtverletzungen von flugmedizinischen Sachverständigen wurden nicht festgestellt.» (nim)

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