Umstieg – aber kein Ausstieg
Uno-Klimakonferenz ruft zur Abkehr von fossilen Energien auf

Die Klimakonferenz in Dubai wurde um einen Tag verlängert, nachdem der erarbeitete Plan Kritik geerntet hatte. Im neuen Entwurf wird erstmals von einer Abkehr von fossilen Energien gesprochen. Aber es gebe «problematische Schlupflöcher».
Publiziert: 13.12.2023 um 08:09 Uhr
|
Aktualisiert: 13.12.2023 um 08:26 Uhr

Umstieg – aber kein Ausstieg: Erstmals ruft die Weltgemeinschaft bei einer Uno-Klimakonferenz zur Abkehr von fossilen Brennstoffen auf. Der zuvor von mehr als 100 Staaten geforderte klare Ausstieg («Phase out») kommt in dem am Mittwoch in Dubai verabschiedeten Abschlusstext nicht vor.

In der neuen zentralen Beschlussvorlage wird aufgerufen zu einem «Übergang weg von fossilen Energieträgern in den Energiesystemen, auf eine gerechte, geordnete und faire Weise». Sollte der neue Text vom Konferenzplenum angenommen werden, wäre es der erste Beschluss einer Uno-Klimakonferenz, der die Zukunft aller fossilen Energien betrifft – neben Kohle also auch Erdöl und Erdgas. Gegen einen Beschluss einer vollständigen weltweiten Abkehr von Öl und Gas hatten sich insbesondere Ölstaaten wie Saudi-Arabien vehement gewehrt.

Ausstieg umformuliert

In dem 21-Seiten-Papier werden die Staaten lediglich aufgefordert, sich von fossilen Brennstoffen in ihren Energiesystemen abzuwenden. Mehr als hundert Staaten hatten zuvor eine weitergehende Formulierung gefordert, nämlich einen Ausstieg («Phase out»).

Foto: keystone-sda.ch
1/5

Der Text auch Hintertüren offen – wie die weitere Nutzung von Gas sowie den Einsatz umstrittener Technologien zur Speicherung und Abscheidung von CO₂.

Enthalten ist zudem das Ziel, die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen und das Tempo bei der Energieeffizienz in diesem Zeitraum zu verdoppeln. Die G20-Staaten hatten sich dies bereits vorgenommen.

Am Montagabend hatte die Präsidentschaft der sogenannten COP28 einen Textentwurf veröffentlicht, der einen Proteststurm vieler Staaten und Empörung unter den Umweltorganisationen auslöste. Deutschland und die EU bezeichneten ihn als enttäuschend und inakzeptabel. Daraufhin wurde das Uno-Treffen der knapp 200 Staaten verlängert. Es sollte eigentlich Dienstagvormittag enden.

«Kein historisches Ergebnis»

Der jüngste Entwurf kommt diesen Kritikern nun ein Stück weit entgegen. Um offiziell beschlossen zu werden, muss er aber von allen Staaten einstimmig im Plenum angenommen werden – dies könnte am Mittwoch passieren.

Die Vize-Präsidentin der Umweltorganisation Global Citizen, Friederike Röder, sagte, die neue Textversion sei zwar besser, aber in den Formulierungen zu vage, um das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel bei der Erderwärmung zu schaffen. «Dies ist nicht das historische Ergebnis, das angesichts des krisenhaften Notfalls erforderlich wäre.» Es fehle die erforderliche Dringlichkeit und Klarheit, um eine globale Kurskorrektur auszulösen.

Der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, sagte: «Wenn dieser Text so angenommen wird, sendet er ein starkes Signal an die Welt. Erstmals fordert eine Weltklimakonferenz alle Staaten auf, sich von Kohle, Öl und Gas weg zu bewegen.» Damit würden Investitionen in neue Öl- und Gas-Projekte riskanter. Allerdings werde ein solcher Beschluss nicht ausreichen, die Welt auf den angestrebten 1,5-Grad-Pfad zu bringen.

Problematische Schlupflöcher im Entwurf

Auch Jan Kowalzig, Klimadiplomatie-Experte von Oxfam, nannte es sehr zweifelhaft, ob der Text reiche, um die 1,5-Grad-Grenze einhalten zu können, zumal es bei der finanziellen Unterstützung für die ärmeren Länder keine Zugeständnisse gab.» Doch sei der Text eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen Version – allerdings mit Abstrichen.

Denn der Entwurf enthalte nach seiner Einschätzung «problematische Schlupflöcher», darunter etwa der Verweis auf die Rolle von Erdgas als Übergangslösung. «Das werden einige Länder und die fossile Industrie als Rechtfertigung für den weiteren Ausbau der Gasförderung verstehen werden.» Auch die Betonung der Rolle von Abscheidung und Speicherung von Treibhausgasen, eine teure und in grossem Massstab gar nicht verfügbare Technologie, diene letztlich fossilen Interessen und lenke vom dringend nötigen Ausbau der erneuerbaren Energien ab.

Katastrophen werden nicht verhindert

Tom Evans von der Umweltorganisation E3G kommentierte: «Wenn dieser Text später im Plenum angenommen wird, zeigt er die kollektive Erkenntnis, dass wir uns von fossilen Brennstoffen abwenden und uns auf eine sauberere Zukunft konzentrieren müssen.» Der Entwurf könne helfen, eine Katastrophe in Dubai zu verhindern. «Aber er verhindert keine Katastrophe für den Planeten.»

Der Gastgeber, Konferenzpräsident Sultan al-Dschaber und sein Team, hatten sich seit Montagabend bis weit in die Nächte hinein mit den Vertretern der Staaten und Ländergruppen getroffen. «Damit soll sichergestellt werden, dass alle gehört werden und alle Positionen berücksichtigt werden», sagte eine Sprecherin.

Der Präsident der Konferenz COP28 ist gleichzeitig Präsident des staatlichen Ölkonzerns. Trotzdem hatte er während der Konferenz mehrfach betont, einen ehrgeizigen Abschluss erreichen und das international vereinbarte Ziel in Reichweite halten zu wollen, das die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen soll. (SDA)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?