Karim Asad Ahmad Khan, der Chefankläger von Den Haag
Der Mann hinter dem Putin-Haftbefehl

Spätestens seit den Massakern von Butscha wird gefordert, dass sich Putin vor den Gerichten verantworten soll. Jetzt gibt es einen Haftbefehl. Der Kopf dahinter: Der Brite Karim A. A. Khan.
Publiziert: 19.03.2023 um 10:17 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2023 um 10:52 Uhr
Thomas Müller

Seit seiner Wahl zum Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag (NL) blieb er im Hintergrund. Jetzt steht Karim Asad Ahmad Khan im Rampenlicht. Der 52-jährige Menschenrechtsanwalt ist der Kopf hinter dem Haftbefehl gegen Wladimir Putin (70), der am Freitag erlassen wurde.

Er forderte vom Gericht, Präsident Putin und die russische Kinderrechtsabgeordnete Maria Alexejewna Lwowa-Belowa (38) zur Verhaftung auszuschreiben. Das Verbrechen: die mutmassliche Verschleppung ukrainischer Kinder, um sie zur Adoption freizugeben oder in Anstalten zu «russifizieren». Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Beweislage für einen Prozess ausreicht, und den Haftbefehl gegen die beiden erlassen.«Wir werden nicht zögern, weitere Haftbefehle anzufordern, wenn die Beweise dies erfordern», schrieb Khan in seiner Stellungnahme.

Wahl zum Chefankläger war umstritten

Der Brite scheint für den Kampf gegen einen mächtigen Autokraten keine schlechte Wahl zu sein. Er hat den Ruf eines Arbeitstiers, das keine Mühe scheut. Er gilt als klug und strategisch geschickt. Der Sohn einer britischen Krankenschwester und eines Dermatologen mit pakistanischen Wurzeln wurde im schottischen Edinburgh geboren und studierte am prestigeträchtigen King’s College in London und in Oxford. Danach startete er eine erfolgreiche Karriere als Menschenrechtsanwalt, teils auch als Verteidiger, weshalb seine Wahl zum Chefankläger des IStGH nicht ganz unumstritten war.

Karim Khan in einem leeren ukrainischen Kinderheim. Die Kinder wurden mutmasslich verschleppt.
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Er verteidigte etwa den Präsidenten von Kenia, William Ruto (56), dessen Fall 2016 eingestellt wurde. Ruto war 2011 angeklagt worden, wegen angeblicher Anstiftung zu Mord, Vertreibung und Verfolgung im Zusammenhang mit den Unruhen in Kenia 2007/2008. Der Fall war begleitet von Vorwürfen der Zeugenbeeinflussung. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen in Afrika hatten sich deshalb gegen Khans Wahl ausgesprochen.

Steht Putin bald vor Gericht?

Kahn trat seine Position in einer schwierigen Phase an. Das Gericht in Den Haag stand politisch von verschiedenen Seiten unter Druck. Russland wollte Untersuchungen in Georgien und auf der Krim verhindern, China wehrt sich strikt gegen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Situation der Uiguren. Selbst die USA hatten ihre Unterschrift des römischen Statuts zurückgezogen, welches dem IStGH zugrunde liegt, und die Vorgängerin von Khan, Fatou Bensouda (62), sogar mit Sanktionen belegt, um die Untersuchung möglicher Verbrechen in Afghanistan zu verhindern.

Zumindest mit den USA scheinen sich die Spannungen langsam zu legen. US-Präsident Joe Biden (80) begrüsste die Ausstellung des Haftbefehls. Anders in Russland: Das Gericht habe in Russland nichts zu sagen, man sei kein Mitglied, der Haftbefehl also «null und nichtig», hiess es aus dem Kreml.

Dass Putin in nächster Zeit tatsächlich vor Gericht stehen wird, ist unwahrscheinlich. Vor allem symbolisch ist der Entscheid bedeutend. Putin wird in seiner Bewegungsfreiheit weiter eingeschränkt. In allen 123 Mitgliedstaaten sollte er bei einem Besuch nun verhaftet werden. Aktuell unwahrscheinlich – doch Kriegsverbrechen verjähren nie.

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