Polizei veröffentlicht Überwachungsvideo
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Ermorderte Journalisitn:Polizei veröffentlicht Überwachungsvideo

Journalistin (†29) bei Ausschreitungen in Nordirland erschossen
Polizei nimmt zwei verdächtige Teenager fest

Nach dem Tod einer jungen Journalistin am Rande von schweren Ausschreitungen im nordirischen Derry hat die Polizei zwei Verdächtige festgenommen. Es handelt sich um Männer im Alter von 18 und 19.
Publiziert: 20.04.2019 um 13:30 Uhr
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Aktualisiert: 20.04.2021 um 19:00 Uhr

Der Tod der 29-jährigen Journalistin Lyra McKee schockiert ganz Grossbritannien. Die Nordirin war in der Nacht auf Karfreitag bei Ausschreitungen erschossen worden (BLICK berichtete).

Rasch wurden die Täter den irisch-nationalistischen «New IRA» zugeordnet. Am Samstag wurde bekannt gegeben, dass die Polizei zwei Verdächtige festgenommen hat. Die beiden jungen Männer im Alter von 18 und 19 Jahren wurden zum Verhör in eine Polizeiwache in Belfast gebracht.

Der Tod von McKee wurde von der Polizei als «terroristischer Vorfall» bezeichnet. Die Journalistin hatte viel über den Nordirland-Konflikt und seine Folgen geschrieben und war unter anderem für das Magazin «The Atlantic» und Buzzfeed News tätig. Sie hatte noch am Donnerstagabend ein Foto im Kurzbotschaftendienst Twitter veröffentlicht, das die Unruhen in Creggan zeigte. «Derry heute Abend. Völlig verrückt», schrieb sie dazu.

Dank solcher Videoaufnahmen konnte die Polizei zwei Verdächtige festnehmen.
Foto: Keystone
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Brandsätze auf Polizisten geschleudert

Die politische Journalistin galt als Talent und war erst kürzlich von Belfast nach Derry gezogen. «Ein erstaunliches Potenzial wurde durch eine einzige barbarische Tat ausgelöscht», sagte ihre Lebenspartnerin am Freitagabend in einer öffentlichen Rede.

In Tatortnähe am Rande von Derry waren vor dem Mord mehr als 50 Brandsätze auf Polizisten geschleudert worden. Fahrzeuge brannten. Zuvor hatten Polizisten in dem Wohnviertel nach Waffen gesucht.

Auslöser für die Krawalle soll der jährliche Protest an Ostern im Zusammenhang mit dem Nordirland-Konflikt gewesen sein. Die neuen Unruhen trugen sich zu einem Zeitpunkt zu, an dem irisch-katholische Nationalisten an den Aufstand gegen die Briten im Jahr 1916 erinnern.

«Tragischer Mord»

Politiker aus Grossbritannien, der Republik Irland und aus Brüssel verurteilten die Tat scharf. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sprach von einem «tragischen Mord» und wertete die Tat als «Erinnerung daran, wie zerbrechlich der Frieden in Nordirland» sei. «Wir müssen alle daran arbeiten, die Errungenschaften des Karfreitagsabkommens zu erhalten», twitterte der Franzose.

In Nordirland hatte jahrzehntelang ein Bürgerkrieg gewütet, bei dem tausende Menschen ums Leben kamen und Zehntausende verletzt wurden. In dem Konflikt standen katholische Nationalisten, die eine Vereinigung mit Irland anstreben, protestantischen Unionisten gegenüber, die weiter zu Grossbritannien gehören wollen.

Im längeren zeitlichen Verlauf hat sich in den letzten Jahrzehnten im einst klar protestantisch dominierten Nordirland eine kontinuierliche Zunahme des katholischen Bevölkerungsanteils ergeben.

Paramilitärische Gruppe weiter aktiv

Es gibt Schätzungen, dass die Katholiken, sollte sich diese Entwicklung weiter fortsetzen, um das Jahr 2021 herum die Bevölkerungsmehrheit in Nordirland stellen werden. Schon heute liegen Katholiken mit knapp 41 Prozent Bevölkerungsanteil und Protestanten mit gut 41 Prozent nahe beieinander.

Auch mehr als 20 Jahre nach dem friedensstiftenden Karfreitagsabkommen sind paramilitärische Gruppierungen aktiv. Sie agieren wie ein Staat im Staat und finanzieren sich unter anderem durch Drogenhandel. Die bewaffnete Gruppen erhoffen sich von einem Wiederaufflammen des Konflikts eine neue Legitimation und Geld.

Befürchtet wird, dass im Zuge des bevorstehenden Brexits die Gewalt zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland bei Einführung von Grenzkontrollen wieder aufflammen könnte. Nordirland hatte - wie Schottland auch - im Juni 2016 für einen Verbleib in der EU gestimmt.

Berühmt für blutigen Sonntag

Seit Jahresbeginn sind in Derry wiederholt Sprengsätze explodiert, ohne dass es dabei Verletzte gegeben hatte. Ein der Sprengsätze detonierte im Januar vor einem Gericht mitten in der Stadt.

Traurige Berühmtheit erlangte Derry durch den so genannten Blutsonntag («Bloody Sunday»), an den auch Wandgemälde an Häusern erinnern. Britische Fallschirmjäger erschossen dort am 30. Januar 1972 13 katholische Demonstranten. Ein weiterer erlag Monate später seinen Verletzungen.

Als Folge verschärfte sich der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten. Aus Rache verübte die irisch-republikanische Untergrundorganisation IRA mehrere Anschläge. (cat/SDA)

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