Amerikas Post wird zum Risikofaktor bei den Wahlen
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Post vor Wahlen unter Beschuss:Nach Trump zweifeln auch Demokraten an der Briefwahl

Jetzt zweifeln auch die Demokraten an der Briefwahl
Amerikas Post wird zum Risikofaktor bei den Wahlen

Die US-Post soll bei der Präsidentenwahl am 3. November wegen der Corona-Pandemie eine grosse Rolle spielen. Bundesstaaten rechnen mit deutlich mehr Briefwählern. Nach Trump warnen jetzt auch die Demokraten vor Wahlverfälschung – wegen Zustellungsproblemen der Post.
Publiziert: 17.08.2020 um 01:28 Uhr
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Aktualisiert: 24.09.2020 um 10:45 Uhr
Daniel Kestenholz

Amerika wählt in zweieinhalb Monaten einen neuen Präsidenten. Am 3. November wird das mächtigste politische Amt der Welt vergeben. Ausgerechnet die gute alte US-Post wird jetzt zum Wahlfaktor, der die Köpfe der Demokraten und Republikaner kochen lässt. Denn die Post hat offenbar einschneidende Sparmassnahmen geplant – und scheint kaum darauf vorbereitet, im November eine noch nie dagewesene Anzahl von Briefwahlsendungen zu verarbeiten.

Das Problem drängt so sehr, dass Repräsentantenhaus-Sprecherin Nancy Pelosi (80) am Sonntag kurzerhand die Sommerpause der Abgeordneten um eine Woche verkürzt hat. Diese haben unverzüglich nach Washington zurückzukehren, um einen geplanten Leistungsabbau der Post zu verhindern, der Stimmabgaben per Post gefährden könnte.

Dringende Anhörung vom Post-Chef

Amtsinhaber US-Präsident Donald Trump (74), der die Rückkehr ins Weisse Haus anstrebt, hat wiederholt Bedenken an der weit verbreiteten Briefwahl geäussert, für deren Zustellung dann eben die Post verantwortlich wäre. Ohne Beweise anzuführen, sprach Trump von einem hohen Fälschungsrisiko. Die Demokraten wiederum setzen sich dafür ein, dass wegen der Corona-Pandemie möglichst vielen Wählern die Abstimmung per Briefwahl ermöglicht wird. Ein vorprogrammierter Konflikt, der jetzt eskaliert.

Die US-Post ist eine Ikone.
Foto: Dukas
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Wegen befürchteter verzögerter Zustellungen wächst auch bei den Demokraten die Sorge vor Beeinträchtigungen der Briefwahl. Der Kontrollausschuss des Repräsentantenhauses hat jetzt für Sonntag, den 24. August, eine dringende Anhörung von Louis DeJoy (63) angeordnet, der seit Mai Chef der US-Post ist. Grund der Anhörung, so die Demokraten in einer Erklärung: Sie wollen «weitreichende und gefährliche operative Veränderungen beim Postdienst ansprechen, die die Post verlangsamen und die Integrität der Wahl gefährden».

«Alarmierende» Enthüllungen und Trump-Sabotage

Es gebe «alarmierende» Enthüllungen über den Umfang und die Schwere betrieblicher Veränderungen, die weder mit dem Kongress, der Postaufsichtsbehörde noch der Vereinigung der Gouverneure abgestimmt seien, so das Schreiben an DeJoy. Der strauchelnde Riese warnte bereits, er könne nicht garantieren, dass kurzfristig per Briefwahl abgegebene Stimmzettel rechtzeitig zugestellt würden, um gezählt zu werden. Zudem wurden interne Dokumente bekannt, wonach auch zahlreiche Briefsortiermaschinen ausgemustert werden sollen.

DeJoy hätte eigentlich erst am 17. September aussagen sollen, doch laut Demokraten sei seine vorgezogene Aussage «besonders dringend angesichts des beunruhigenden Zustroms von Berichten über weit verbreitete Verzögerungen bei den Postdiensten im ganzen Land», so Carolyn Maloney (74), Abgeordnete der Demokraten aus New York und Vorsitzende des Kontrollausschusses.

Die Demokraten sind sogar schon so weit, dass sie Postchef DeJoy geheime Absprachen mit Trump vorwerfen. Unterhaus-Sprecherin Pelosi warf Trump in einem Tweet vor, die Post zu manipulieren, um sich am 3. November seine Wiederwahl zu sichern. DeJoy habe sich bei diesen Bemühungen wie ein Komplize Trumps verhalten, erklärte die Demokratin: «Wir sehen im ganzen Land die verheerenden Auswirkungen der Kampagne des Präsidenten zur Sabotage der Wahl, indem er die Post manipuliert, um den Wählern das Wahlrecht zu entziehen.» Jetzt sollen die Abgeordneten schon gegen Ende der Woche über ein Gesetz abstimmen, das betriebliche Veränderungen bei der Post verhindern soll.

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Justizschlacht nach Wahlen?

Befürchtungen mehren sich, dass auf den Wahlgang am 3. November eine Justizschlacht der Verliererpartei folgen wird. Diese Gefahr droht insbesondere, wenn die Ergebnisse in den sogenannten Swing States in der Wahlnacht knapp ausfallen und erst die brieflich abgegebenen Stimmen ausgezählt gehören.

Erinnerungen an das Chaos bei den Präsidentschaftswahlen 2000 in Florida werden wach. Vor zwei Jahrzehnten trieben George W. Bush (74) und Al Gore (72) nach der Präsidentenwahl den Streit um gültige und ungültige Stimmzettel in dem Bundesstaat bis hin zum Obersten Gerichtshof.

Mehr als fünf Wochen lang stritten Politiker und Richter. Dann war Bush am Ziel: Sein Rivale gestand in seiner wohl besten Rede die Niederlage ein. «Die Schlacht endet heute Nacht», so Gore. «Ich rufe alle auf, sich jetzt hinter unserem nächsten Präsidenten zu einen.» Gore hatte sich den höchsten Richtern des Landes gefügt, musste sich aber noch lange Vorwürfe anhören, er habe den Republikanern den Sieg zu einfach ausgehändigt.

US-Wahlen 2020

Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.

Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.

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