Jetzt muss Sherri P. (40) in den Knast
Kalifornierin täuscht eigene Entführung vor

Sherri P. sagte 2016 der Polizei, sie sei grausam entführt worden. DNA-Spuren führten allerdings zu ihrem Ex-Freund. Jetzt wurde das vermeintliche Entführungsopfer zu 18 Monaten Haft verurteilt.
Publiziert: 20.09.2022 um 16:43 Uhr

November 2016, Shasta County, Kalifornien. Keith P. meldet seine Frau Sherri (40) als vermisst, als sie von ihrer Jogging-Runde nicht zurückkommt. Drei Wochen später wird sie alleine auf einer Autobahn gefunden, über 200 Kilometer von ihrem Zuhause entfernt.

Sherri P. gibt der Polizei an, sie sei von zwei Spanisch sprechenden Frauen gekidnappt und in einen Schrank eingesperrt worden. Jahre später stellt sich heraus: Ihre Entführungs-Story ist gelogen. DNA-Spuren auf ihrer Kleidung führten zu ihrem Ex-Freund. Jetzt wurde die Amerikanerin wegen sogenannten Post-Betrugs und Falschaussagen zu 18 Monaten Haft im Bundesgefängnis verurteilt, wie CNN berichtet.

Jetzt wisse sie, dass sie gelogen hatte

«Es tut mir so leid für die vielen Menschen, die meinetwegen gelitten haben. Die Menschen, die sich für die gebrochene Frau, die ich war, aufgeopfert haben. Die Menschen, die bereit waren, mir in einer Zeit zu helfen, in der ich so verzweifelt Hilfe brauchte. Ich danke ihnen allen», sagte P. am Montag gegenüber dem Richter.

Sherri P. auf dem Weg zum Gericht in Sacramento.
Foto: Keystone-SDA
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Vor Gericht sagte P. im April, sie sei seit 2016 wegen Angstzuständen, Depressionen und
posttraumatischen Belastungsstörungen in Behandlung und habe bereits in der Mittelschule Probleme gehabt. Sie wisse jetzt, dass sie sich der Lüge und der Unehrlichkeit schuldig gemacht habe und sei bereit, «Busse zu tun».

Vier Jahre Ermittlungen auf der falschen Fährte

Fast vier Jahre lang suchten die Ermittler nach den angeblichen Entführerinnen – ohne Erfolg. Bis sie endlich die Wahrheit erfuhren: Dass P. weder entführt noch gefoltert worden war. Auch nach ihrer Rückkehr habe sie ihre Falschaussagen über Jahre hinweg weitergeführt, «ohne Rücksicht auf den Schaden, den sie verursachte», hiess es von der Staatsanwaltschaft.
Neben den 30'000 Dollar an Opferentschädigung, die sie vom Staat erhalten hatte, haben ihre Lügen Ressourcen verschwendet und Unschuldige zur Zielscheibe von Ermittlungen werden lassen.

Die Verteidigung verlangte, die frühere Sherri P. von der jetzigen zu trennen, denn es seien zwei
verschiedene Personen. Ihr Ruf sei genug geschädigt worden, sagte ihr Anwalt William Portanova. Man könne sich kaum eine schlimmere öffentliche Darstellung des gebrochenen inneren Selbst vorstellen, sagt er. «Das fühlt sich bereits wie eine lebenslange Haftstrafe an.»

DNA-Analyse löst das Rätsel auf

Mithilfe von genetischer Genealogie wurde der Fall 2020 endlich gelöst. Die Ermittler fanden DNA-Spuren eines unbekannten Mannes auf P.s Kleidern, die sie in jener Zeit getragen hatte und konnten sie mit der ihres Ex-Freundes in Verbindung bringen.

Dieser gab gegenüber den Ermittlern zu, er habe P. geholfen, aus einer ihrer Beschreibungen zufolge missbräuchlichen Beziehung «zu fliehen». Er habe sie in seinem Haus in Südkalifornien untergebracht, heisst es in der eidesstattlichen Erklärung. Sie habe sich selbst verletzt, ihre Haare abgeschnitten und ihn gebeten, sie zu brandmarken. Die Ermittler belegten die Aussagen des Ex-Freundes mit zahlreichen Telefonaufnahmen, seinem Arbeitsplan und einem Gespräch mit dessen Cousin, der P. im Haus gesehen hatte.

Ihr Mann reichte die Scheidung ein

«Die Geschehnisse der letzten beiden Monate waren schockierend und verheerend», sagte P.s Ehemann Keith P. am Montag vor Gericht. Er beantragte die Scheidung und das Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Kinder, da sie sich laut Gerichtsakten «nicht vernünftig verhalten» habe. «Mein momentaner Fokus liegt darauf, nach vorne zu schauen und alles mir Mögliche zu tun, um meinen Kindern ein einigermassen normales, glückliches Leben bieten zu können», sagte der Familienvater laut CNN.

«Was geschehen ist, kann nicht ungeschehen gemacht werden», sagte Sherri P. vor Gericht. «Doch ich entscheide mich dazu, die Teile in mir zu heilen, die so gebrochen waren.» Nach der eineinhalbjährigen Haftstrafe erwarten die Kalifornierin 36 Monate überwachte Freilassung. Zusätzlich muss sie 310'000 Dollar Strafe bezahlen. (hei)

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