Iran
Brand und Zusammenstösse in berüchtigtem Teheraner Gefängnis

Im berüchtigten Ewin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt Teheran kam es am Samstag zu einem Brand und Zusammenstössen zwischen Wärtern und Gefangenen. In dem Gefängnis sind auch politische Gefangene und Ausländer inhaftiert.
Publiziert: 16.10.2022 um 03:31 Uhr
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Aktualisiert: 16.10.2022 um 03:49 Uhr

Während die Proteste im Iran weitergehen, ist es in einem für die Misshandlung von politischen Gefangenen berüchtigten Gefängnis in Teheran zu Zusammenstössen und einem Brand gekommen. Ein von der Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights veröffentlichtes Video zeigte am Samstagabend Flammen und eine Rauchwolke über dem Ewin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt, zudem waren offenbar Schüsse zu hören. Im Hintergrund des Videos waren «Tod dem Diktator»-Rufe zu hören.

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In dem Gefängnis sitzen Berichten zufolge hunderte Menschen, die während der seit einem Monat andauernden Proteste für Menschen- und Bürgerrechte festgenommen wurden. Auch mehrere Ausländer sind dort inhaftiert. Vor dem Gefängnis stehen jeden Tag zig Menschen und suchen nach Familienangehörigen und Verwandten.

«Ein Feuer breitet sich im Ewin-Gefängnis aus», hiess es im Twitterkanal 1500tasvir, der regelmässig über die Proteste und Polizeigewalt im Iran berichtet. Zudem habe es eine Explosion gegeben. Auf Videoaufnahmen waren zudem Schüsse zu hören.

Fallen und Rauch über Teheran: Am Samstagabend kam es zu einem Brand und Zusammenstössen im berüchtigten Ewin-Gefängnis.
Foto: Twitter @ianbremmer
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Verworrene Lage

Die staatliche Nachrichtenagentur Irna meldete «Unruhen und Zusammenstösse» in dem Gefängnis. «Randalierer» hätten eine Auseinandersetzung mit Gefängnisangestellten begonnen und das Textillager der Haftanstalt in Brand gesteckt. Die Situation sei jedoch wieder «vollständig unter Kontrolle», in der Haftanstalt sei «Ruhe eingekehrt». Dem Bericht zufolge wurden mindestens acht Menschen verletzt.

Der Iran wird seit Wochen von heftigen Protesten erschüttert. Ausgelöst wurden sie durch den Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini. Die 22-Jährige war am 16. September in Teheran gestorben, nachdem sie drei Tage zuvor von der Sittenpolizei wegen des Vorwurfs festgenommen wurde, ihr Kopftuch nicht den Vorschriften entsprechend getragen zu haben.

Im Ewin-Gefängnis sitzen auch mehrere ausländische Staatsbürger ein. Die Familie des US-Bürgers Siamak Namazi erklärte in einer Reaktion auf die Berichte von den Unruhen und dem Feuer, sie sei «zutiefst beunruhigt» und habe nichts von Namazi gehört. Die Schwester eines weiteren in dem Gefängnis inhaftierten US-Bürgers schrieb auf Twitter, sie sei «krank vor Sorge».

Ein Sprecher des US-Aussenministeriums erklärte, Washington verfolge den Vorfall aufmerksam. Der Iran sei «voll verantwortlich für die Sicherheit unserer unrechtmässig inhaftierten Staatsbürger».

Frauen ohne Kopftücher

«Schüsse werden abgefeuert, während Ewin brennt», schrieb der Wissenschaftler Roham Alvandi von der London School of Economics auf Twitter. «Sollten politische Gefangene dort umkommen, wird dies ein Vorfall von den Ausmassen des 'Cinema Rex'-Brandes in Abadan im August 1978 sein, der den Sturz des Schahs beschleunigt hat.»

Bei einem Brandanschlag auf das «Cinema Rex» waren rund 400 Menschen ums Leben gekommen. Der Vorfall am Vorabend der iranischen Revolution löste Proteste gegen den Schah aus, auch wenn die Hintergründe des Anschlags nie aufgeklärt wurden.

Die Proteste im Iran gingen am Samstag weiter. Bei einer Demonstration an der Schariati-Universität in der Hauptstadt Teheran riefen Frauen ohne Kopftücher Slogans wie «Die Mullahs sollen sich verziehen!», wie ein im Internet verbreitetes Video zeigte. Weitere Proteste wurden unter anderem aus Isfahan und Kermanschah gemeldet.

Laut 1500tasvir riefen junge Frauen an einer Hochschule in Teheran «Freiheit, Freiheit, Freiheit», während sie ihre Kopftücher in der Luft schwenkten. Der Twitter-Kanal berichtete zudem von streikenden Ladenbesitzern in der Provinz Kurdistan und in West-Aserbaidschan.

Wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen Demonstranten im Iran hatten sich die EU-Länder auf neue Sanktionen gegen Teheran geeinigt. Laut Diplomatenkreisen sollen die EU-Aussenminister die Strafmassnahmen am Montag bei einem Treffen in Luxemburg offiziell beschliessen. (AFP/kes)

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