In die Brexit-Sackgasse debattiert
Die zu leidenschaftliche Demokratie der Briten

Grossbritannien steckt in der Brexit-Falle. Das ist auch selbstverursacht. Was als Chance begann, stürzt das Land in die grosse Krise. Wie weiter?
Publiziert: 05.09.2019 um 02:44 Uhr
|
Aktualisiert: 05.09.2019 um 08:39 Uhr

Da wird gebrüllt, gejohlt und mit geballten Fäusten gewettert. Abgeordnete springen auf, bis sie der Speaker wieder mit «Order! Order!» zum Sitzen mahnt. Wohl kein anderes Land der Welt hat lebhaftere Volksvertreter als die Briten, die gerade jetzt mit ihrer Brexit-Schlacht um London so ziemlich alle Schubladen der parlamentarischen Demokratie ziehen.

Der Welt zeigt sich in Live-Debatten ein kurioses britisches Sittengemälde mit Szenen, wie sie in jeder anderen Demokratie wohl zum sofortigen Abbruch von Parlamentsdebatten führen würden. Das Feuer in Westminster, dem wohl unterhaltsamsten Parlament der Welt, ist kaum zu bändigen.

Auf den durchgesessenen grünen Lederbänken, wo schon Churchill um Krieg und Frieden rang, wird Schulter an Schulter mit Inbrunst gestritten. Doch das Brexit-Hin und -Her ist zum Zirkus der Selbstdarsteller verkommen. Das Land tritt auf der Stelle. Skurrile Rhetorik und Lautstärke mit einer Portion Sarkasmus wären gefragt. Doch der Wettstreit mit Schalk und Leidenschaft ist zu Zeiten von Brexit Gift und Häme gewichen.

Dicht gedrängte Reihen: Derzeit geht es besonders hoch zu und her im «House of Commons», dem britischen Parlament.
Foto: AFP
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Alle gegen alle

Die hitzigen Brexit-Debatten, sie sind ein Spiegel des britischen Brexit-Karnevals: Im Zentrum (für wie lange noch) versucht ein gewisser Alexander Boris de Pfeffel Johnson (55) zu dirigieren; ein Querulant und Prahlhans, der wenig von politischer Etikette hält.

Ihm gegenüber Oppositionschef Jeremy Corbyn (70), der wie Johnson Neuwahlen will. Er könne den Moment der Abwahl der Konservativen von der Macht nicht erwarten. Aber was Johnson wolle, enthalte «das Gift eines No-Deals».

Briten sitzen in der Falle

Auf allen Seiten stecken sie Niederlagen ein. Die Briten sitzen in der Brexit-Falle. Und niemand weiss, wie es weitergehen soll. Politiker sind gespalten, das Volk ist gespalten - und Staatsoberhaupt Königin Elizabeth II hat schweigend das Chaos zu ertragen.

Mit jedem Tag scheint Grossbritannien noch tiefer in die Krise zu schlittern - ausgelöst durch das hauchdünne Brexit-Referendum 2016 und die vielen auch unhaltbaren Versprechen seither.

Der hochgehaltene britische Parlamentarismus verkommt zur Tragikomödie. Es fehlt der Mut zum Kompromiss - und hat noch jemand den Durchblick? Einen Volksentscheid umzusetzen benötigt kühlere Köpfe, Handschläge, Vernunft. (kes)

Brexit-News

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.

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Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.

BLICK zeigt die wichtigsten Stationen des chaotischen Prozesses seit dem Austrittsvotum der Briten auf.


Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.

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