«Ich bin nicht tot»
Taliban-Anführer taucht nach tagelanger Funkstille wieder auf

Über Tage verschwindet ein Mitgründer der Taliban von der Bildfläche. Nun ist er in einem Video wieder aufgetaucht. Doch die Aufnahme wirft Fragen auf.
Publiziert: 16.09.2021 um 22:01 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2023 um 11:28 Uhr

Tagelang ist Taliban-Anführer Abdul Ghani Baradar von der Bildfläche verschwunden. Nach seiner Ernennung zum neuen Vizeregierungschef hörte man nichts mehr vom Mitgründer der Taliban, der von westlichen Beobachtern als eher gemässigt eingestuft wird.

Das sorgte für wilde Gerüchte. Baradar sei nach einem Machtstreit innerhalb des Palasts von Taliban-Hardlinern getötet worden. Zwischen den Taliban tobe ein erbitterter Machtkampf, es solle unter den Anführern auch zu handfesten Auseinandersetzungen gekommen sein, berichtet die BBC.

Audiodatei warf Fragen auf

Diese Spekulationen wies Baradar nun in einer Fernsehansprache zurück. «Wir sind eng wie eine Familie», sagte er in dem von den Taliban verbreiteten Video. Die Medien behaupteten, die Taliban seien in einen Streit verwickelt. «Das stimmt nicht. Mir geht es gut. Ich wurde nicht getötet!» Das Video warf laut «ORF» allerdings Fragen auf: Baradar las seine Worte von einem Zettel ab, blickte nie in die Kamera. 

Abdulk Ghani Baradar verschwand tagelang von der Bildfläche.
Foto: keystone-sda.ch
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Stunden zuvor wurde bereits eine Audiodatei von Baradar in den sozialen Medien geteilt. Darin hiess es, der Anführer sei auf dem Weg in die Stadt Kandahar und ihm gehe es gut. Die Echtheit des Bandes konnte allerdings nicht bestätigt werden.

Bei dem Grund nach der Reise widersprachen sich die Taliban. Ein Sprecher teilte zunächst mit, Baradar treffe das Oberhaupt der Taliban, Haibatullah Achundsasa. Später sagte der Sprecher, Baradar sei «erschöpft» und nehme sich «eine Auszeit.»

Machtkampf hinter den Kulissen

Westliche Experten sind sich indes sicher, dass hinter den Kulissen ein Kampf um die Macht tobt. Seit Wochen versuchen die Taliban, allen Stämmen und Wortführern einen angemessenen Platz innerhalb der Regierung zu verschaffen. Laut «BBC» sei Baradar unzufrieden, nur einen Platz als Vize erhalten zu haben.

Die grösste Macht in der neuen Regierung hat sich das terroristische «Hakkani-Netzwerk» gesichert. Gleich mehrere Ministerposten wurden mit Leuten des Netzwerks besetzt. Anführer Siradschuddin Hakkani selbst übernahm den Posten des Innenministers, einen der wichtigsten Posten innerhalb der neuen Regierung. (zis)

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