Heile Welt vor Showdown in Thailand
Thai-Prunk-Krönung lenkt nur kurz von Spannungen ab

Mit viel Pomp, Ritualen und steifem Protokoll hat Thailand am Samstag Monarch Maha Vajiralongkorn gekrönt. Doch der Schein trügt. Im Land brodelt es. Das Königreich ist gespalten, ein neuer Machtkampf droht.
Publiziert: 05.05.2019 um 19:52 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2020 um 10:32 Uhr

Er trug ein weisses, schlichtes, bald patschnasses Gewand. Priester übergossen den 66-jährigen Monarchen mit heiligem Weihwasser, das aus allen 76 Provinzen des Königreichs kam. Mit dieser Reinigung wurde König Rama X. zum «Devaraja», Gottkönig, Erhalter des Buddhismus und Verbindung zum Himmel. Dann gabs Gold, viel Gold und immer mehr Gold.

Am Sonntag wird der Regent auf einer Sänfte durch Bangkok getragen, am Montag erscheint er auf dem Balkon des Grand Palace und winkt einer Menschenmenge von vielleicht 200'000 zu. Heile Welt. Doch neue Spannungen drohen. Noch immer liegen keine Ergebnisse der März-Wahlen vor.

Regime und Opposition beanspruchen die Macht. Aus Respekt vor dem König herrscht Schweigen im Land. Das Regime sucht bewusst die Ablenkung und hat Politik auf die Zeit nach der Krönung verschoben. Rund 35 Millionen Franken lässt sich die Junta die dreitägigen Zeremonien kosten.

Neuer König und neue Königin: Thailands frisch gekrönter Monarch Maha Vajiralongkorn empfängt seine Frau, Königin Suthida. Gekrönt darf der Monarch unter dem neunstufigen Schirm sitzen, der den Gottkönig Rama X. symbolisch mit dem Himmel verbindet.
Foto: DUKAS
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Personenkult

Auf allen Fernsehkanälen läuft das gleiche Programm: Lobeshymnen auf die Krone und Erfolge der Regierung. Personenkult wird zelebriert, untermalt von euphorischer Musik, mit strahlenden Untertanen, die Loyalität und Einheit demonstrieren. Ein Diplomat sagte hinter vorgehaltener Hand, das erinnere schon fast an nordkoreanische Verhältnisse.

Dabei reibt sich das Volk noch immer die Augen, dass es eben eine neue Königin erhalten hat: Königin Suthida heisst die zierliche 40-Jährige, die einen Senkrechtstart von ehemaliger Stewardess zur Gemahlin des Monarchen hinlegte.

Vajiralongkorn und Suthida lernten sich an Bord einer Thai Airways kennen. Vajiralongkorn holte die spätere Generalin in seine persönliche Leibwache. So durfte die Geliebte immer an seiner Seite sein. Offiziell gab es die Liaison nicht.

Oft in Bayern

Nach drei Ehen mit sieben Kindern ist Suthida die vierte Frau von Vajiralongkorn, die ihn seit längerem überallhin begleitet – auch nach Bayern in die Villa Stolberg am Starnberger See, wo Vajiralongkorn viele Monate im Jahr verbringt, wenn ihm der Rummel und Mangel an Privatsphäre in Bangkok wieder zu viel zu werden.

Der König wird dort auch mal beim Shoppen oder Erdbeerpflücken gesehen. Offenbar kehrte das Paar auch erst kurz vor der Krönung aus Deutschland nach Bangkok zurück – in der Boeing 737 des Monarchen, die Vajiralongkorn als ausgebildeter Zivil- und Militärpilot gerne selber im Cockpit steuert.

Strikter Schutz der Monarchie

Vajiralongkorn tritt in grosse Fussstapfen, die seines 2016 verstorbenen Vaters, König Bhumibol Aduljadey, dem am längsten regierenden Monarchen der jüngeren Geschichte. Fast 70 Jahre auf dem Thron, sind die meisten Thais unter Bhumibol aufgewachsen, dem Versöhner, Entwickler und Übervater der Nation, während Vajiralongkorn auch die süsseren Seiten des Lebens genoss.

«Ein bisschen ein Don Juan», sagte seine Mutter einmal. Doch vieles, was in Thailand über das Königshaus gesprochen wird, ist nicht offiziell. Zeitungen sperren Kommentarfunktionen bei Online-Artikeln. Thailand hat die wohl striktesten Majestätsbeleidigungsgesetze der Welt.

Dabei ist Vajiralongkorn auch anzurechnen, dass unter ihm kaum mehr Kritiker weggesperrt werden. Der Palast scheint gemerkt zu haben, dass scharfe Gesetze der Krone mehr schaden. Am Krönungstag erhielten auch politische Gefangene eine königliche Begnadigung, darunter ein junger Mann, der zweieinhalb Jahre absass, weil er ein BBC-Porträt des Königs auf Facebook teilte.

Thais unter sich

Ausländische Monarchen und hohe Gäste sind keine zu den Feiern nach Bangkok gereist. Der Pomp und das strikte Protokoll am thailändischen Hof machen diesen nicht gerade zugänglich. Der König ist immer höher. Nicht nur der Regierungschef muss vor dem König knien und zu ihm kriechen. Auch die frischgebackene Gemahlin, Königin Suthida, lag bei den Zeremonien vor ihrem Mann.

Thailands Aussenministerium erklärte dazu demütig: «Die thailändische Seite möchte ausländische Würdenträger nicht belästigen, daher wurden weder Einladungen ausgesprochen noch Vorkehrungen für ihre Teilnahme getroffen.»

Gut möglich, dass der König bald wieder abreist. Es schien ihm etwas ungemütlich auf dem Thron mit der 7-Kilo-Krone auf dem Kopf. Als sehne er sich nach bayerischer Seenähe, wo ihm die Leute normal begegnen. Sein jüngster Sohn, der mögliche Thronerbe Prinz Dipangkorn Rasmijoti (14), geht dort zur Schule.

Heisser politischer Monat steht an

Am Montag ist der Pomp vorbei, am Mittwoch sollen endlich die Ergebnisse der März-Wahlen bekannt werden. Dies nach linkischen Wahlmanipulationen des Regimes. Die politische Fieberkurve im Land dürfte ansteigen. Die Opposition beansprucht den Sieg. Das Regime denkt nicht im Entferntesten daran, die Macht abzugeben.

Das ist Sache der Politiker, nicht des Königs. Als konstitutioneller Monarch hat dieser über Politik zu stehen, auch wenn die Grenzen zwischen Krone und Politik in Thailand fliessend verlaufen. Wenns im Land wieder brennt, wird auch Rama X., wie sein Vater früher, ein Machtwort sprechen. (kes)

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