Giftanschlag auf Ex-Spion Skripal
EU ruft Botschafter in Moskau für Konsultationen zurück

Brüssel – Wegen des Giftanschlags auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal in Grossbritannien ruft die EU ihren Botschafter aus Moskau für Konsultationen zurück. Das bestätigte am Freitag der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte nach Beratungen des EU-Gipfels.
Publiziert: 23.03.2018 um 05:16 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:05 Uhr

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollten damit ihre Entschlossenheit zeigen, sagte ein EU-Vertreter in der Nacht. Der Schritt stehe symbolisch für die Solidarität der Union mit Grossbritannien nach dem Giftanschlag von Salisbury, sagten drei Diplomaten. «Er wird für Unterredungen zurückgerufen», sagte einer von ihnen. Zurzeit leitet der deutsche Diplomat Markus Ederer die EU-Vertretung in Russland.

EU verschärft Ton gegenüber Russland

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hält zudem als Reaktion auf den Giftanschlag weitere Massnahmen gegen Russland für möglich. Zunächst müsse die Bewertung durch die mit der Untersuchung beauftragte Chemiewaffenorganisation abgewartet werden, sagte sie. «Wir sind entschlossen, (...) gegebenenfalls auch durch weitere Massnahmen einheitlich zu reagieren.»

Zuvor hatten die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedstaaten auch mit einer Gipfelerklärung den Ton gegenüber Russland verschärft. In ihr heisst es, man stimme mit der britischen Regierung darin überein, dass Russland mit hoher Wahrscheinlichkeit die Verantwortung für den Nervengift-Anschlag in Salisbury trage, und dass es keine plausible alternative Erklärung gebe.

In diesem Park wurden der russische Ex-Spion und seine Tochter vergiftet aufgefunden - London hat daraufhin russische Diplomaten ausgewiesen, Moskau zieht nun nach. (Archiv)
Foto: KEYSTONE/AP Pool Reuters/TOBY MELVILLE

Noch am Montag hatte sich die EU bei einem Aussenministertreffen nicht auf eine klare Schuldzuweisung in Richtung Russland einigen können. Damals hatte es geheissen, die EU nehme die Einschätzung Grossbritanniens sehr ernst, dass höchstwahrscheinlich Russland für den Anschlag verantwortlich sei.

Russischer Botschafter negiert Schuldzuweisung

Der neue russische Botschafter in Deutschland reagierte scharf auf die Erklärung des EU-Gipfels. «So eine Sprache ist inakzeptabel», sagte Sergej Netschajew der «Neuen Osnabrücker Zeitung» vom Freitag.

Netschajew bekräftigte Russlands Angebot, bei der Aufklärung des Giftanschlags von Salisbury mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten. «Aber wir sind gegen Ultimaten und unbewiesene Verleumdungen, geprägt von unangemessenen Aussagen und Parallelen», sagte Netschajew.

Der frühere Doppelagent Skripal und seine Tochter Yulia waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank im englischen Salisbury gefunden worden. Sie wurden nach derzeitigem Ermittlungsstand mit dem in der früheren Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok vergiftet. Beide befinden sich noch in einem kritischen Zustand.

Die britische Regierung hatte Russland von Anfang an dafür verantwortlich gemacht. Russland streitet jegliche Verantwortung für den Anschlag ab. (SDA)

Was ist Nowitschok?

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

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