George H. Bush im Alter 94 Jahren gestorben
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George H. W. Bush tot:George H. Bush im Alter 94 Jahren gestorben

George Bush (†94) ist tot – ein Nachruf
Der letzte aufrechte Republikaner

Mit George Herbert Walker Bush († 94) verlieren die USA einen Präsidenten, für den es noch Gegner gab und nicht Feinde. Er war ein Pragmatiker, der Realpolitik machte.
Publiziert: 01.12.2018 um 16:55 Uhr
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Aktualisiert: 01.12.2018 um 17:04 Uhr
George H. W. Bush ist tot.
Foto: LARRY W. SMITH
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Thomas Ley

George Herbert Walker Bush wurde Teil einer Bewegung, die er entlarvte wie kein Zweiter. Und was er damals sagte, über das, was man später Neoliberalismus oder Angebots-Seiten-Ökonomie oder Reaganismus oder Thatcherismus nannte – das bleibt bis heute ein beliebtes Bonmot von deren Kritiker: «Voodoo economics».

Es war im Vorwahlkampf 1980. Republikaner Ronald Reagan versprach, man könne die Steuern massiv senken, und erhielte trotzdem oder eben gerade dadurch massives Wirtschaftswachstum. Unsinn, sagte sein innerparteilicher Gegner Bush, ebenso gut könne man an Zauberei glauben – an Voodoo-Wirtschaft eben.

Bush gewann die erste Vorwahl in New Hampshire, und um ein Haar hätte die Geschichte eine andere Wende genommen. Nun, am Ende setzte sich Reagan durch. Er machte Bush zu seinem Vizepräsidenten und senkte die Steuern und prägte das konservative und liberale Verständnis von Wirtschaftspolitik für zwei Generationen. Oder länger.

Ein Spruch leitete Bushs Niederlage ein

Und Bush? War Teil davon. Acht Jahre später gewann auch er mit Voodoo: «Lest meine Lippen», sagte er am Wahlparteitag der Republikaner 1988: «Keine. Neuen. Steuern.» Die Leute lasen und wählten. Bush wurde Präsident. Aber der flotte Spruch war das Samenkorn seiner Niederlage vier Jahre später. Denn natürlich musste er die Steuern erhöhen. Die Wirtschaft stotterte, das Geld wurde knapp. Aber seine flotte Lüge von 1988 verzieh man ihm nicht. Und damit trat George Herbert Walker Bush 1992 schon wieder ab.

Ein gescheiterter Mann, also? Einer jener Eine-Amtszeit-Präsidenten, die von den Amerikanern für Flops gehalten werden? Es hätte dabei bleiben können. Wenn Bush es nicht geschafft hätte, seinen Namensvetter und Sohn George W. Bush acht Jahre später ins Weisse Haus zu bringen.

Das muss eine gewisse Befriedigung gewesen sein. Auch wenn er lange Zeit vom unsteten Sohnemann nicht viel hielt. Bush senior war ein strenger Mann, ein Karrierist, fleissig und gescheit. Konnte unduldsam und barsch sein. Während sein Sohn berühmt wurde mit einem Kauderwelsch, das die Leute heute noch zum Lachen bringt, galt der alte Bush als bissiger Abrechner, der fluchen konnte wie ein Rohrspatz. Natürlich nur hinter den Kulissen.

Die Reaganisten trauten Bush nie

Denn die Bushs waren ja Patrizier. Eine neuenglische Wirtschafts- und Polit-Dynastie. Schon Bushs Vater Prescott war Senator. Bush selber war Weltkriegspilot, wurde zum Helden, als sein Flugzeug abgeschossen wurde und er stundenlang im Pazifik trieb bis zu seiner Rettung. Nach dem Krieg ging es ständig aufwärts: Kongressabgeordneter, Uno-Botschafter, CIA-Chef – bis ins Weisse Haus.

Doch obwohl er Teil ihrer Politfamilie wurde, trauten ihm die Reaganisten nie. Zu Recht. Denn Bush hatte ein pragmatisches Politverständnis. Realpolitik war seine Welt. Als Saddam Hussein 1990 Kuwait besetzte, vertrieb Bush ihn bloss. Bagdad zu erobern, um dort eine Demokratie zu installieren, wäre ihm zu idealistisch und gefährlich gewesen. Das überliess er seinem Sohn. Dass es so katastrophal endete, bestätigte den Vater auf traurige Weise.

Bush und Clinton – aus Feinden wurden Freunde

Am Freitag ist George Herbert Walker Bush im Alter von 94 Jahren gestorben. Einer seiner engsten Freunde war am Ende Bill Clinton, sein erbitterter Gegner von 1992. Ihre Freundschaft war aufrichtig und ein Zeichen dessen, dass der alte Bush ein hölzerner, aber zugänglicher Mensch war. Als er im Januar 1993 das Weisse Haus verlassen musste, hinterliess er Clinton einen Brief auf dem Pult:

«Lieber Bill, es wird in diesem Büro harte Zeiten geben, erschwert durch Kritik, die du nicht fair finden wirst. Lass dich von den Kritikern nicht entmutigen oder vom Weg abbringen. Du wirst unser Präsident sein. Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute. Und drücke dir die Daumen.»

George Herbert Walker Bush ist nicht mehr. Und mit ihm eine Ära, in der es in der US-Politik sehr viel mehr Gegner gab als Feinde.

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