Gen-Manipulation könnte Millionen Kinder retten
Forscher machen Malaria-Mücken unfruchtbar

Sind Malaria-Erkrankungen bald ein Ding der Vergangenheit? In einem Laborversuch gelang es britischen Forschern, dank Gentechnik ganze Populationen von Überträger-Moskitos auszulöschen.
Publiziert: 01.10.2018 um 12:17 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 15:26 Uhr
Jan Krumnacker

Noch immer ist Malaria eine der tödlichsten Infektionskrankheiten auf diesem Planeten. Jedes Jahr sterben gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegen 450'000 Menschen daran. Rund ein Drittel der Toten sind Kinder unter fünf Jahren. Trotzdem halten sich die Fortschritte bei der Bekämpfung der gefährlichen Krankheit in Grenzen.

Nun könnte einem Team um den Parasitologen Andrea Cristani vom Imperial College in London dank der Gentechnik ein Durchbruch gelungen sein. Sie schafften es im Labor, mit Hilfe der Gen-Schere CRISPR/Cas-9 ganze Populationen der Mückenart Anopheles gambiae, die ein wichtiger Überträger des Malaria-Erregers ist, innert kurzer Zeit auszurotten.

Nach elf Generationen sind alle Weibchen unfruchtbar

Die Forscher veränderten bei den Mücken dafür den Genabschnitt, der die Ausdifferenzierung der Geschlechter steuert. Die Folge: Alle Weibchen, die den Gen-Defekt erbten, waren unfruchtbar. Damit sich der Gen-Defekt möglichst schnell verbreitet, verliehen ihm die Forscher spezielle Eigenschaften, die dazu führten, dass er sich bei der Fortpflanzung fast immer durchsetzt.

Malaria ist eine der tödlichsten Infektionskrankheiten auf dem Planeten. Jedes Jahr sterben beinahe eine halbe Million Menschen daran. Übertragen wird die Krankheit vor allem über Moskitostiche.
Foto: KEYSTONE/AP
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Für ihre Versuche brachte man 150 männliche Mücken mit verändertem Erbgut gemeinsam mit 150 normalen Männchen und 300 Weibchen in einem Hochsicherheitslabor zusammen, wie Cristani und seine Kollegen im Fachmagazin «Nature Biotechnology» berichten. 

Die Resultate waren eindeutig: Nach spätestens elf Generationen gab es jeweils kein einziges fruchtbares Weibchen mehr, die Populationen brachen zusammen. Die Londoner Forscher sind begeistert und bezeichnen ihre Ergebnisse bereits als Durchbruch im Kampf gegen Malaria.

Feldversuche stehen noch aus

Ob sich die Ergebnisse aber auch ausserhalb des Labors wiederholen lassen, ist noch völlig offen. «In der freien Natur spielen viele andere Faktoren eine Rolle, die im Experiment nicht kontrolliert werden können», sagt die Evolutionsbiologin Anna Lindholm von der Universität Zürich zu BLICK.

«Die natürlichen Populationen sind einerseits viel grösser als die bisher getesteten», sagt sie. Das erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass sich Resistenzen gegen den Gen-Defekt bilden. Andererseits könnten die genetisch veränderten Mücken auch unerwartete Nachteile haben, etwa bei der Futter- oder der Partnersuche.

«Ob sie sich auch unter nicht optimalen Bedingungen gegen ihre natürlichen Artgenossen durchsetzen können, muss man noch bezweifeln», sagt die Biologin. Auch die Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem müsse man bedenken.

«Studie ist vielversprechend»

Dennoch ist Lindholm anhand der publizierten Resultate zuversichtlich. «Die Studie ist sehr vielversprechend», sagt sie. «Bewährt sich die Methode, machen wir einen grossen Schritt in Richtung Ausrottung der Krankheit.»

Die Forscher um Andrea Cristani denken sogar schon weiter. Sie glauben, dass sie mit ihrer Methode auch die Achillesferse von anderen über Insekten verbreiteten Krankheiten gefunden haben. So sollen damit in Zukunft auch das Zika-Virus oder das Denguefieber bekämpft werden.

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