Freigelassener Saif al-Islam (44) will Libyen «retten»
Ist der Gaddafi-Sohn jetzt ein Friedens-Engel?

Gaddafi! Im Krisenland Libyen taucht ein altbekannter Name wieder auf. Schon wird der zweitälteste Sohn des ehemaligen Machthabers Muammar Gaddafi als friedensbringender Staatspräsident gehandelt.
Publiziert: 13.06.2017 um 21:57 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 06:40 Uhr
Guido Felder

Saif al-Islam Gaddafi (44) ist wieder auf freiem Fuss. Der zweitälteste Sohn des ehemaligen libyschen Diktators Muammar Gaddafi (†69) sass fünfeinhalb Jahre im Gefängnis.

Nach dem Sturz und der Ermordung seines Vaters am 20. Oktober 2011 hatten ihn Rebellen gefangen genommen und in Sintan, 150 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tripolis, in ein Gefängnis gesteckt. Sie weigerten sich, ihn dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (Niederlande) auszuliefern.

Wurde anfänglich zum Tode verurteilt: Said al-Islam Gaddafi 2014. Er nahm per Video-Übertragung am Prozess teil.
Foto: Sabri Elmhedwi

2015 wurde er in Tripolis in Abwesenheit wegen Anstiftung zum Mord und der Vergewaltigung zum Tode verurteilt. Wegen Einspruch seines Verteidigers wurde das Urteil aber nicht vollstreckt.

Saif al-Islam Gaddafi 2011: Kurz darauf wurde er verhaftet.
Foto: AFP

Er will die Nation versöhnen

Jetzt könnte der Tyrannen-Sohn zum Hoffnungsträger für Libyen werden. Sein naher Verwandter Ahmed Muhareb Gaddafi sagte dem Russen-Info-Portal «Sputnik», dass Saif Führer der nationalen Versöhnung werden wolle. «Er wird in seiner Rede die Libyer zur Konsolidierung auffordern, um der Anarchie, dem bewaffneten Bruderzwist, ein Ende zu setzen, um die Heimat und deren territoriale Integrität zurückzugewinnen, die Waffen zu strecken, Reformen der Staatsstrukturen durchzuführen und einen Rechtsstaat bilden zu können», erklärte Ahmed Muhareb Gaddafi.

Gaddafi das kleinere Übel

Zurzeit gibt es in Libyen eine Doppelherrschaft. Im Osten regiert ein vom Volk gewähltes Parlament, im Westen die unter UN-Unterstützung gegründete Regierung der Nationalen Einheit.

Tyrannisierte sein Volk: Der ehemalige Machthaber Muammar Gaddafi.
Foto: Reuters

Es herrscht Chaos. Viele Libyer wünschen sich eine Stabilität, wie sie unter Vater Gaddafi einigermassen geherrscht hatte. Sie sagen: Gaddafi war das kleinere Übel als die Situation heute.

Laut BBC sehnen viele Libyer die alten Tage zurück. Daher ist für sie der Name Gaddafi kein Tabu. Erst recht nicht, wenn es sich um Saif handelt. Denn der zweitälteste Sohn des ehemaligen Diktators gilt als gemässigter Mann. Er hatte in öffentlichen Auftritten immer wieder die Politik seines Vaters hinterfragt und Reformen gefordert. Er wurde schon damals als möglicher Nachfolger von Muammar Gaddafi gehandelt.

Möchte Libyen wieder auf Kurs bringen: Ingenieur Saif al-Islam Gaddafi.
Foto: Sabri Elmhedwi

Verwandter kündigt Überraschung an

Saif hat Ingenieurwissenschaften studiert, schrieb in London seine Dissertation über «Die Rolle der Zivilgesellschaft für die Demokratisierung globaler Regierungsinstitutionen»  – vermutlich wurde die Arbeit von Beratern verfasst.

Noch hält sich Saif aus Sicherheitsgründen versteckt. Sein Verwandter Ahmed Muhareb Gaddafi verspricht aber: «Nach der Freilassung des Ingenieurs Saif al-Islam erwartet die Welt in den kommenden Tagen eine grosse Überraschung.»

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