«Extra 3»-Redaktionsleiter nach dem Wirbel um «Erdowie, Erdowo, Erdogan»
«Wir würden den Song genau gleich bringen»

Ein halbes Jahr nach dem Eklat um die Erdogan-Satire schliessen die türkischen Behörden laufend Redaktionen.
Publiziert: 12.10.2016 um 22:53 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:03 Uhr
Adrian Meyer

Kürzlich vermeldete die Deutsche Presse-Agentur einen Satz, der aus der deutschen Satiresendung «Extra 3» stammen könnte, aber ernst gemeint war: «Die türkischen Behörden schlossen zwölf TV-Stationen wegen Beihilfe zu Terrorismus, darunter der Kindersender Zarok TV, der unter anderem Zeichentrick­serien wie Biene Maja ins Kurdische übersetzt.» «Extra 3» hatte vor einem halben Jahr mit dem Song «Erdowie, Erdowo, Erdogan» eine Staatskrise ausgelöst.

Es wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre. Seit dem Putschversuch im Juli liess der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan über hundert ­Redaktionen schliessen und Dutzende Journalisten verhaften. Der Erdogan-Song ist damit aktueller denn je mit Zeilen wie «ein Journalist, der was verfasst, das Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast».

Eskalation wegen Schmähgedicht 

«Für Satire ist es eine gute Zeit, es gibt viel Anlass für Kritik», sagt «Extra 3»-Redaktionsleiter Andreas Lange (46). An seiner Arbeit habe der Rummel nichts geändert: «Wir würden den Song genau gleich bringen.» Im März wurde deswegen der deutsche Botschafter in Ankara zweimal einbestellt. Die Affäre eskalierte, als Jan Böhmermann im TV ein vulgäres Schmähgedicht über Erdogan vorlas. Der Provokation folgten Anzeigen auf den Fuss. Die ­Ermittlung gegen Böhmermann wurde mittlerweile eingestellt – wogegen Erdogan prompt Beschwerde einlegte.

«Extra 3»-Redaktionsleiter Andreas Lange (46): «Ein gutes Jahr.»
Foto: NDR
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Dass der Song einen solchen Wirbel verursachen würde, ahnte bei «Extra 3» niemand: «Das Lied ist super, aber nicht das provokativste Stück, das wir je hatten.» Es machte «Ex­tra 3» aber plötzlich international bekannt. «Wir fragten uns, was eigentlich abgeht», sagt Lange, «als CNN über unsere kleine Sendung berichtete.»

Ungewohnt war ebenfalls, dass sogar die deutsche Regierung das Lied lobte. «Man kann sich seine Freunde halt nicht aussuchen», sagt Lange, «wir wollen unangenehm sein.»

Zehn Millionen Klicks, holte der Song auf Youtube und die Sendung ist für den Deutschen Comedypreis nominiert. «Für uns war es ein gutes Jahr», sagt Lange. Traurig stimmt ihn, dass sich die Situation in der Türkei verschlechterte: «Ich war oft als Tourist dort, jetzt würde ich aber nicht hinfahren. An der Grenze wäre man mir nicht wohlgesinnt».

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