Lange Autoschlangen an russischen Grenzübergängen
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So schnell wie möglich raus:Lange Autoschlangen an russischen Grenzübergängen

Exodus aus Russland, Panik in besetzten Gebieten
Russen zwingen Ukrainer zum Kampf gegen ihr eigenes Land

Mit der Teilmobilmachung wächst auch der russische Widerstand gegen Putins Krieg in der Ukraine. Ein Exodus aus Russland ist im Gange. In ihrer Not zwingen die russischen Streitkräfte jetzt sogar Ukrainer zum Kampf – gegen ihr eigenes Land!
Publiziert: 26.09.2022 um 03:29 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2022 um 07:51 Uhr

Selbst russische Medien können die Wahrheit nicht länger verbergen: «Teilmobilmachung – Einige leisten Wehrdienst. Andere fliehen ins Ausland», titelt die Zeitung «Komsomolskaja Prawda». Kriegspräsident Wladimir Putin (69) braucht Kanonenfutter für die Front. Putin schicke Eingezogene wissentlich «in ihren Tod», warnt der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44). Wer desertiert oder vor dem Feind kapituliert, dem drohen Militärrichter und zehn Jahre Haft.

In der russischen Bevölkerung machen sich Wut und Angst über die Teilmobilisierung breit. Viele junge Männer tauchen unter. Viele versuchen ausser Landes zu fliehen. Die Wege in den Westen sind mittlerweile praktisch dicht; Flüge nach Istanbul, in den Nahen Osten und nach Asien dagegen voll. Abertausende, ja ganze Familien versuchen die Flucht auf dem Landweg. Allein an der Grenze zu Georgien stauten sich am Sonntag 2500 Autos, wie die russische Grenzbehörde bekannt gab. Auch an Grenzübergängen zu Kasachstan und der Mongolei bilden sich lange Autoschlangen. Augenzeugen berichteten von stundenlangen Wartezeiten – inmitten von Gerüchten, dass Putin die Grenzen des Landes vollständig schliessen könnte.

Doch nicht nur Russen fliehen derzeit, um der Wehrpflicht in der Ukraine zu entgehen. Auch Ukrainern in besetzten Gebieten droht, für den Kriegsdienst eingezogen zu werden – Kriegsdienst gegen das eigene Land. Daher versuchen derzeit auch zahllose Ukrainer verzweifelt, dem Dienst zu entgehen.

Menschen versuchen aus Russland zu fliehen. Allein am Sonntag stauten sich rund 2500 Autos an der russisch-georgischen Grenze.
Foto: AFP
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Russische Streitkräfte mobilisieren Ukrainer

So hoffen Männer in der besetzten Stadt Cherson, dass die Russen sie vielleicht doch nicht zum Militärdienst zwingen, wenn sie sich eigene Knochen brechen. Andere, so berichtet die «New York Times», verstecken sich in Kellern. Wieder andere versuchen, aus der Stadt zu fliehen, obwohl das unter schärfsten Strafen verboten ist.

Dies, während Russland mit der Mobilisierung von Ukrainern für den Kampf gegen ihr eigenes Land beginnt. In den besetzten Gebieten herrscht Angst. Die Russen treiben offenbar einheimische Männer zum Kampf gegen ihre Mitbürger zusammen. «Die Menschen sind in Panik», wird eine 30-jährige Frau in Cherson zitiert. Erst hätten die Russen «unsere Häuser durchsucht, und jetzt wollen sie unsere Männer in ihre Armee einberufen».

Anwohnern und ukrainischen Behörden zufolge sind von den Zwangsrekrutierungen die beiden südlichen Regionen Cherson und Saporischschja betroffen. Allen Männern im Alter von 18 bis 35 Jahren sei es untersagt, das Gebiet zu verlassen. Vielen wurde offenbar befohlen, sich zum Militärdienst zu melden. Iwan Fedorow, der exilierte Bürgermeister der besetzten Stadt Melitopol, forderte Männer in den Gebieten dennoch zur Flucht auf, um sich der russischen Wehrpflicht zu entziehen: «Denn jeder», zitiert ihn die «New York Times», «wird mit Sicherheit von der Strasse weggeholt und zum Kriegsdienst gezwungen.» (kes)

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