Russland will ukrainische Regierung stürzen
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Lawrow kündigt an:Russland will ukrainische Regierung stürzen

«Er wusste nicht, wie ein Maschinengewehr funktioniert»
Putin schickt Soldaten nach 5 Tagen Training an die Front

Russland fehlt es an Soldaten. Mit Geld lockt der Kreml junge Männer an die Front. Doch manche wissen kaum, wie man ein Maschinengewehr bedient.
Publiziert: 25.07.2022 um 17:22 Uhr
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Aktualisiert: 26.07.2022 um 07:55 Uhr
Myrte Müller

Exakt fünf Monate dauert der geplante «Blitzkrieg» von Wladimir Putin (69) nun an. Die Gegenwehr der Ukrainer ist gross, die schweren Waffen aus dem Westen zeigen Wirkung. Russlands Verluste sind enorm. Stand 25. Juli 2022 soll der Kreml 39'700 Soldaten verloren haben – tot, verwundet oder gefangen. Das melden die ukrainischen Streitkräfte. Auch wenn die Angaben schwer nachprüfbar sind: Dass an der ukrainischen Front massenhaft gestorben wird, gibt auch Putin zu.

Der russische Präsident braucht darum dringend Nachschub an Soldaten. Es gilt, die besetzten Gebiete zu halten, gegen die angekündigten Grossoffensiven seitens der Ukrainer zu verteidigen und, wie Aussenminister Sergej Lawrow (72) vor wenigen Tagen androhte, auch eine Reihe anderer Territorien in der Ukraine zu erobern.

Der Kreml lockt mit hohen Gehältern

So lockt der Kreml junge Männer mit Geld. Auch Ivan* (31) tappte in die Falle. Der Kreml versprach 3500 Franken im Monat. Das ist ein Vierfaches von einem normalen russischen Lohn. Der Moskauer schloss einen Dreimonatsvertrag mit dem Verteidigungsministerium. Zwei Wochen später kämpfte er bereits an der Front im Nordosten der Ukraine – nach nur fünf Tagen militärischer Ausbildung!

Russlands Präsident Wladimir Putin zögert noch vor einer Generalmobilmachung, da der Ukraine-Krieg offiziell ja kein Krieg ist. Daher lockt der Kreml-Chef mit hohen Gehältern junge Russen an die Front.
Foto: IMAGO/SNA
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«Es gab einen Soldaten in unserer Kompanie, der wusste nicht, wie ein Maschinengewehr funktioniert. Ich möchte nicht neben ihm an der Kriegsfront stehen. Wie willst du so kämpfen?», sagt Ivan in einem Telefoninterview mit der unabhängigen Zeitung für Auslandsrussen «The Moscow Times».

Die Verluste der russischen Armee sind hoch

Auch Ivan hält nicht lange stand. Er wird bei Kämpfen in der Nähe von Isjum Ende April schwer verletzt und mit Schrapnell-Wunden in ein russisches Spital gebracht. «Als die militärische Sonderoperation begann – obwohl es eigentlich ein Krieg ist – habe ich es als persönliche Tragödie empfunden», erzählt Ivan seine Geschichte, «ich wollte dorthin und niemand hätte mich aufhalten können. Ich bin schliesslich ein Patriot».

Er wurde auf eine Militärbasis in der russischen Stadt Belgorod nahe der Grenze zur Ukraine verlegt. Weniger als zwei Wochen später fand er sich an der Front wieder. «Nach medizinischen Check-ups fragten sie mich, ob ich bereit sei, übermorgen zum Militärstützpunkt zu gehen. Sie trainierten uns fünf Tage lang, wir warteten weitere fünf Tage auf eine Truppenrotation und dann gingen wir zu den Stellungen.»

«Eine Woche Kampftraining ist nichts»

Dass die Ausbildungsstandards mitten im Krieg nicht eingehalten werden, bestätigt auch Sergei Krivenko, Direktor der Menschenrechtsgruppe Citizen. «Ich wurde immer wieder von Eltern angesprochen, deren Kinder einen Wehrvertrag unterschrieben haben und nur eine Woche später in der Ukraine landeten», sagte Krivenko der «Moscow Times».

«Eine Woche Kampftraining ist nichts», betont der unabhängige Militäranalyst Pavel Luzin gegenüber der «Moscow Times». Für einen jungen Soldaten sei dies ein direkter Weg ins Spital – oder in einen Leichensack.

* Name geändert

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