Er erhielt Hunderttausende Euro
Deutscher ARD-Journalist kassierte Geld aus Moskau

Ein in der Schweiz und Deutschland ausgezeichneter TV-Journalist soll jahrelang von Moskau Hunderttausende von Euro erhalten haben. Im Gegenzug berichtete er offenbar wohlwollend über den russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Publiziert: 14.11.2023 um 20:10 Uhr
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Aktualisiert: 15.11.2023 um 22:35 Uhr

Skandal in der deutschen Medienwelt: Der preisgekrönte TV-Journalist und Putin-Biograf Hubert Seipel soll Hunderttausende Euro aus Moskau erhalten haben.

Seipel, der nicht nur Journalistenpreise in Deutschland, sondern auch in der Schweiz abgesahnt hat, soll aus Russland bezahlt worden sein – und das nicht erst seit gestern.

Wie geheime Unterlagen aus einem Datenleck zeigen, soll er seit etlichen Jahren in den Genuss der russischen Zahlungen gekommen sein. Die Dokumente sind im Rahmen der internationalen Recherche «Cyprus Confidential» ausgewertet worden (durchgeführt u.a. von Tagesanzeiger, ZDF und Spiegel).

Der preisgekrönte deutsche Journalist Hubert Seipel soll offenbar jahrelang von Moskau bezahlt worden sein.
Foto: Twitter
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Putin sei «nicht unsympathisch»

Seipel, der seit 2018 als freier Autor bei dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) arbeitet, gilt als westlicher Journalist mit dem besten Draht zum russischen Präsidenten Wladimir Putin (71).

So traf er den Kreml-Machthaber einige Male persönlich zum Interview – für seine 2012 in der ARD ausgestrahlte Doku «Ich, Putin – ein Porträt» gar bei der Rotwildjagd in Sibirien.

In seinen Artikeln wurde Kritik an Putin nur selten laut. So sei der russische Präsident «nicht unsympathisch» («Schweiz am Sonntag», 2015). Man müsse ihm «zuhören», wie Seipel immer wieder erklärte. Im Wissen, dass der Journalist vom Kreml bestochen wurde, hinterlassen diese Worte einen bitteren Beigeschmack.

Der Journalist soll von Moskau 600'000 Euro erhalten haben

Aufgeflogen ist das Ganze durch einen bislang geheimen Vertrag von Seipel. Dabei handelt es sich um einen «Sponsorenvertrag», bei der die «Entwicklung eines Buchprojekts über Russland» gefördert werden soll.

Der Deal: Damit dieses einem grösseren Publikum zugänglich gemacht werden kann, sollte Seipel 600'000 Euro (umgerechnet 580'416 Schweizer Franken) erhalten.

Das Buch mit dem Titel «Putins Macht. Warum Europa Russland braucht» erschien schliesslich 2021. Vom Deal im Hintergrund erfuhren weder der NDR noch der Herausgeber des Buches, der Verlag Hoffmann und Campe aus Hamburg, etwas.

Doch von wem wurden schliesslich die Unsummen an Geld bezahlt? Wie das Datenleck zeigt, versteckt sich der «Sponsor» hinter einer Briefkastenfirma namens De Vere Worldwide Corporation. Beim Eigentümer des Unternehmens handelt es sich um einen hochrangigen Manager im Severstal-Konzern. Dieser wiederum ist in Besitz des russischen Oligarchen Alexei Mordaschow (58).

Wie den Geheimdokumenten zu entnehmen ist, soll das Geld, das Seipel erhalten hat, von Mordaschow höchstpersönlich stammen. So soll der deutsche Journalist 2018 200'000 Euro und 2019 gar 400'000 Euro erhalten haben.

Seipel weist die Vorwürfe von sich

Ob und inwiefern die Zahlungen mit dem «Putin-freundlichen» zusammenhängen, ist nicht abschliessend geklärt. In einer schriftlichen Stellungnahme zur Recherche bestreitet Seipel, beeinflusst worden zu sein.

Tatsächlich ist das auch im Sponsorvertrag so festgehalten: «Der Autor hat keine Verpflichtungen gegenüber dem Sponsor in Bezug auf das Projekt. Weder in Bezug auf den Inhalt oder die Zusammensetzung des Buches noch in anderer Hinsicht oder dessen Fertigstellung.» Nichtsdestotrotz: Die ganze Geschichte wird für Seipel ein Nachspiel haben. (dzc)

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