Empörung ennet der Grenze
Lörrach (D) schmeisst Mieter aus ihren Wohnungen – für Flüchtlinge

Weil es scheinbar kaum mehr Platz gibt für Flüchtlinge, sollen 40 Mieter ihre Wohnungen in Lörrach (D), nahe der Schweizer Grenze, räumen. Das Vorhaben sorgt für rote Köpfe. In wenigen Tagen kommt es zu einem brisanten Treffen.
Publiziert: 21.02.2023 um 15:19 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2023 um 15:28 Uhr

Sie sollen raus und Flüchtlinge rein. Ein Brief sorgt in Lörrach (D), nahe der Schweizer Grenze, für mächtig Ärger. 40 Mieter in der Wölblinstrasse erhielten folgendes Schreiben: «Wie Sie wissen, hat Deutschland einen erheblichen Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine und anderen Weltregionen zu verzeichnen.» Auch die Stadt Lörrach wolle helfen.

Weshalb die Stadt zu radikalen Massnahmen greift. «Für Sie bedeutet das, dass wir in Kürze das mit Ihnen vereinbarte Mietverhältnis kündigen werden.» In den Wohnungen sollen Flüchtlinge untergebracht werden. «Geplant ist, dass etwa bis zum Jahresende die gesamte Anlage als Flüchtlingsheim genutzt werden kann.» Rund 100 Menschen sollen untergebracht werden, wie die Stadt auf ihrer Website verlauten lässt.

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«Ein dummdreistes Schreiben»

Die Betroffenen sind ausser sich. Obwohl man ihnen versprach, sie bei der Wohnungssuche zu unterstützen. «Als der Brief kam, war ich auf 180. Es ist eine Sauerei, wie mit uns umgegangen wird. Wir haben drei Jahre auf die Wohnung gewartet und wohnen gerade mal fünf Monate hier», wettert ein Mieter gegenüber der «Bild».

Dieses Schreiben löst bei den Betroffenen Wutanfälle aus. Darin steht, dass sie ihre Wohnungen verlassen müssen. Es soll ein neues Flüchtlingsheim entstehen.
Foto: Twitter
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Unter den Betroffenen ist auch eine 61-Jährige, die seit 30 Jahren in dem Haus lebt. Sie trifft es besonders hart und sie hat Angst, auf der Strasse zu landen. «Ich bekomme nur 600 Euro Grundsicherung und Rente, ich kann mir keine höhere Miete leisten», sagt sie zu «Bild». Auch im Internet sind die Meinungen zum Rauswurf klar. Ein Twitter-User schreibt: «Diese Geschichte ist so unglaublich, dass man sie nicht glauben möchte.» Ein anderer meint: «Unfassbar! Gibt es denn überhaupt keine moralischen Grenzen mehr?»

Oberbürgermeister Jörg Lutz versteht die Aufregung, versucht aber auch die Wogen zu glätten. «Die Wohnungen helfen uns sehr, die ankommenden Menschen in der Stadt mit Wohnraum zu versorgen und somit unserer städtischen Aufgabe nachzukommen.» Der baden-württembergische Landesvorsitzende des deutschen Mieterbunds, Rolf Gassmann (71), findet dagegen deutliche Worte: «Die Unterbringung von Flüchtlingen ist laut Mietrecht kein Kündigungsgrund. Ein dummdreistes Schreiben von der Wohnungsbaugesellschaft.» Am 27. Februar ist eine Bewohnerversammlung der betroffenen Haushalte geplant, um die aufgebrachten Mieter zu beruhigen. (abt)

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