«Diese Kuh sitzt die ganze Zeit zu Hause!»
Gelangweilte Oligarchen-Frauen nerven ihre Männer

Viele Oligarchen leiden unter den westlichen Sanktionen gegen Russland. Mittlerweile strapazieren auch die Familien die Nerven der Superreichen.
Publiziert: 21.06.2022 um 16:39 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2022 um 16:58 Uhr

Eingefrorenes Vermögen, nur eingeschränkte Reisemöglichkeiten und beschlagnahmte Villen und Yachten. Die russischen Oligarchen spüren die Sanktionen des Westens mit voller Wirkung.

Das sorgt für Unruhe in den betuchten russischen Familien. Wie die österreichische Soziologin Elisabeth Schimpfössl gegenüber dem «Spiegel» sagt, seien die Ehefrauen und Kinder vieler Oligarchen «in Aufruhr». Dies habe sie von einem gut vernetzten Freund erfahren.

Während die Kinder nicht mehr an den gewünschten Orten studieren können oder sich vor Sanktionen fürchten müssten, würden auch die Ehefrauen Probleme machen. «Bis vor kurzem, wenn einem die Ehefrau auf die Nerven ging, konnte man sie ein paar Wochen auf die Yacht schicken oder zum Einkaufstrip nach Mailand», so Schimpfössl. Doch jetzt, zitierte der Freund einen Oligarchen, sitze «diese nervige Kuh die ganze Zeit zu Hause!»

Die russischen Oligarchen kämpfen offenbar mit ihren Familien – wegen Wladimir Putins Angriffskrieg auf die Ukraine.
Foto: DUKAS
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Oligarchen glauben Propaganda nicht

Schimpfössl kennt sich in der Oligarchen-Szene aus. Sie hat in den vergangenen Jahren 80 russische Superreiche interviewt und so erforschen können, wie die Gesellschaft der Oligarchen tickt. Die vergangenen Monate hätten eine grosse Auswirkung auf die Gesellschaft gehabt, sagt sie. «Niemand will auf den Sanktionslisten landen, und diejenigen, die schon sanktioniert sind, kommen sich ungerecht behandelt vor.» Daher würden viele versuchen, so zu tun, als hätten sie mit Putin nichts zu tun. Aber: «Jeder, der in Russland reich wurde, ist um den Kreml herumgetanzt», sagt sie.

Viele der Oligarchen würden Putins Propaganda-Erzählungen nicht glauben. Die meisten würden die Freiheiten im Westen selbst kennen und geniessen. Dennoch hätten sie Putin die Stange gehalten. Denn der Reichtum der Familien sei unter ihm immer weiter angewachsen. «Ein Regimewechsel war da für viele nicht etwas, was sie wollten – zu riskant für die schönen Erbsummen», sagt Schimpfössl.

Kein Lösen von Putin

Zudem würden sich viele Russen anderen Leuten überlegen fühlen. «Die Rede war davon, dass dies genetisch bedingt sei», so Schimpfössl. So sei etwa die Fähigkeit angeboren, «geschäftlich besonders innovativ zu sein, was natürlich eine besonders hohe Intelligenz voraussetzt».

Die Chance, dass sich die Oligarchen von Putin loslösen, sei klein. «Wer punkten will, muss sich dem Kreml fügen», sagt die Soziologin. Deshalb würden sich viele wieder einen Zustand wie vor dem Krieg wünschen. «Dicke Geschäfte machen im autokratisch regierten Russland, Geld investieren und das Leben geniessen im liberalen Westen», fasst die Expertin zusammen. (zis)

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