Die Kosten, die Hindernisse, die Profiteure
Trumps Mexiko-Mauer im Fakten-Check

Es war sein lautestes Wahlversprechen – jetzt macht Donald Trump ernst: Die Grenzmauer zu Mexiko soll gebaut werden. Doch wer zahlt? Bringt eine Mauer überhaupt etwas? Und wer profitiert am meisten?
Publiziert: 26.01.2017 um 18:57 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:42 Uhr
«Eine Mauer wird nicht viel helfen»
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Trump will umgehend mit dem Bau beginnen:«Eine Mauer wird nicht viel helfen»

Stolz hält Donald Trump den präsidialen Erlass in die Kameras, den er soeben unterzeichnet hat. Mit dem Dekret beauftragt der neue US-Präsident die zuständige Behörde, den Bau der Mauer an der 3200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko in die Wege zu leiten. 

Donald Trump meint es ernst mit seinem grössten Wahlversprechen. Doch es sind noch längst nicht alle Fragen geklärt. Hier die wichtigsten im Überblick. 

Wie viel kostet das Ganze?

Die Schätzungen gehen weit auseinander. Während Trump von 8 bis 12 Milliarden Dollar spricht, reichen die Schätzungen von Experten bis zu 40 Milliarden Dollar. Die Kalkulationen gehen so weit auseinander, weil noch völlig unklar ist, wie die Mauer beschaffen sein wird. Ob sie durchgehend gebaut wird oder an strategischen Punkten. Ob es tatsächlich eine Beton-Mauer wird (wie Trump betont) oder eine Art Zaun.

Wer bezahlt?

Donald Trump hat von Anfang an verkündet, Mexiko werde für die Kosten aufkommen. Dort hat man jedoch keine Absicht, sich finanziell am Bau zu beteiligen, wie Präsident Enrique Peña Nieto in einer Ansprache nach Trumps Ankündigung zum wiederholten Mal betonte: «Ich habe mehrfach bereits gesagt, dass wir für keine Mauer aufkommen werden.»

Klar ist: Der Bau soll zuerst aus der US-Staatskasse finanziert werden. Trump will das Geld dann von Mexiko zurückholen – auf welcher Basis, weiss niemand. Der US-Präsident hat einige Vorschläge präsentiert, wie die Mauer finanziert werden könnte:

Steuern auf Überweisungen: Jedes Jahr überweisen in den USA lebende Mexikaner insgesamt rund 25 Milliarden Dollar an die Angehörigen daheim, schreibt Spiegel Online. Auf diesen Überweisungen soll eine Steuer erhoben werden.

Teurere Visa: Trump sprach davon, die Visa-Gebühren für Mexikaner drastisch zu erhöhen.

Strafzölle auf Importe: Produkte, die in Mexiko hergestellt werden und in die USA exportiert werden, sollen mit Strafzöllen belegt werden. Dies würde aber gegen die Regeln der Nordamerikanischen Freihandelszone Nafta verstossen.

Wer profitiert?

Eine gigantische Mauer wird eine Menge Material brauchen – Baumaterialhersteller reiben sich schon die Hände. Die Rekordwerte des Dow Jones dürften nicht zuletzt damit zu tun haben. Wie «Reuters» berichtet, sind Aktien von Bau- und Zementfirmen zurzeit äusserst gefragt.

Zu den grössten Nutzniessern eines Mauerbaus könnte ausgerechnet ein mexikanisches Unternehmen gehören: Der Zement-Verarbeiter Cemex steht laut mehrerer Analysten in einer guten Position. Cemex ist der siebtgrösste Zement-Produzent der Welt, in den Top-20 findet sich kein US-Unternehmen. 

Zwar könnte Trump seinem Credo «America first» folgen und den Auftrag an eine US-Firma vergeben, doch Cemex ist tief im US-Markt verankert: Das Unternehmen hat Dutzende von Fabriken in den USA mit mehr als 10’000 Angestellten.

Lässt sich die Mauer einfach so bauen?

Das Grenzgebiet erstreckt sich über vier Bundesstaaten vom Golf von Mexiko nach Kalifornien. Während sie dort relativ gerade verläuft, verfolgt sie im Osten einen Zickzackkurs entlang des Rio Grande, durch Wüsten-Gebiete und Gebirge.

Rund 1000 Kilometer der Grenze sind bereits mit Barrieren in Form von Zäunen und Sperranlagen gesichert. Der Bau einer durchgehenden Mauer, wie sie Trump im Sinn hat, dürfte wegen der topografischen Verhältnisse äusserst schwierig werden. Mexikanische Architekten bezeichnen das Vorhaben im «Business Insider» als praktisch undurchführbar. Und wenn, dann würde der Bau zirka 16 Jahre dauern, schätzen sie.

Jeh Johnson, ehemaliger Minister für innere Sicherheit, sagte in einem Interview: «Es ergibt keinen Sinn, eine 3-Meter-Mauer auf einen 3000-Meter-Berg zu bauen.» Ein lokaler Fischer sagt zur «Washington Post»: «Wenn Trump über das ganze Grenzgebiet fliegen würde, würde er merken, dass es nicht machbar ist. Die Gegend ist einfach zu rau.»

Ein weiteres Problem: Ein grosser Teil von Texas ist in Privatbesitz. Das hat schon beim Bau der jetzigen Grenzzäune zu Ärger geführt. Die USA hat bereits Hunderte von Privatbesitzern vor Gericht dazu gezwungen, ihr Land für den Bau von Zäunen abzutreten. In Arizona kontrolliert ein indigener Stamm 120 Kilometer Grenzgebiet. «Nur über meine Leiche wird hier eine Mauer gebaut», kündigte dessen Vize-Vorsitzende Verlon Jose an.

Wie effizient wäre eine Mauer?

Donald Trump verspricht, mit einer Mauer die illegale Immigration einzudämmen. Ob der gewünschte Effekt jedoch eintritt, ist umstritten. Bereits jetzt zahlen die USA 3,7 Milliarden Dollar pro Jahr für die Grenzwache, rund 21’000 patrouillieren an der Grenze.

Diese Zahl müsste massiv erhöht werden, sagte Trumps Minister für innere Sicherheit, John Kelly, bei einer Anhörung. «Wenn man eine Mauer baut, muss man dazu die Patrouillen erhöhen, und es braucht mehr technologische Überwachung.»

Schaut man sich die Zahlen der Einwanderung an, stellt sich ebenfalls die Frage, ob eine Mauer wirklich notwendig ist. Gemäss dem Pew Research Center emigrieren so wenige Mexikaner wie nie in den vergangenen 15 Jahren in die USA. 2014 kehrten sogar mehr Mexikaner aus den USA zurück in die Heimat als umgekehrt.

Wie steht es um die Beziehungen zwischen den USA und Mexiko?

Die beiden Länder hatten lange ein kompliziertes, aber freundschaftliches Verhältnis. Das ist mit Präsident Trump nun vorbei. Schon mit seinen Aussagen im Wahlkampf, Mexikaner seien Verbrecher und Vergewaltiger, hat er sich im Süden keine Freunde gemacht. Der Befehl zum Mauerbau wird nun definitiv als offene Feindseligkeit aufgefasst.

Politiker, Aktivisten und Intellektuelle forderten den Präsidenten Enrique Peña Nieto auf, ein geplantes Treffen vom nächsten Dienstag mit Trump in Washington abzusagen. Dies hat er heute nun auch getan: «Wir haben heute das Weisse Haus informiert, dass ich nicht an dem für nächsten Dienstag geplanten Arbeitstreffen mit dem US-Präsidenten teilnehmen werde», schrieb Peña Nieto am Donnerstag auf Twitter. «Mexiko bekräftigt seine Bereitschaft, mit den Vereinigten Staaten zusammenzuarbeiten, um Verträge zum Wohle beider Nationen zu schliessen.» (rey)

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