Wladimir trauert um seinen jüngeren Bruder
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Er soll im Massengrab liegen:Wladimir trauert um seinen jüngeren Bruder

Die Gräueltaten von Putins Truppen
Augenzeugen berichten vom Massaker in Butscha

In der ukrainischen Stadt Butscha haben russische Soldaten nach ihrem Abzug ein Massaker hinterlassen. 300 Zivilisten wurden ermordet. Augenzeugen berichten nun von den Gräueltaten.
Publiziert: 04.04.2022 um 10:23 Uhr
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Aktualisiert: 04.04.2022 um 13:40 Uhr
Blick hat sich entschieden, ausgewählte Bilder der Gräueltaten von Butscha zu publizieren, um die erschreckende neue Dimension dieses Krieges aufzuzeigen.
Foto: Blick
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Die Bilder toter Zivilisten aus Butscha sind kaum zu ertragen. Leichen pflastern die Strassen des Kiewer Vorortes. Die Spuren eines Massakers. Putins Truppen haben bei ihrem Abzug aus der Stadt ein Schlachtfeld hinterlassen. Insgesamt sollen etwas über 300 Zivilisten den Russen zum Opfer gefallen sein.

Irina A.* (48) erlebte die Gräueltaten hautnah mit. Sie erinnert sich genau daran, wie russische Soldaten ihren Mann eiskalt erschossen. Am 5. März waren die beiden zu Hause, als sie plötzlich eine Explosion hörten. «Sie zerstörten unser halbes Haus. Dann begannen sie, durch die Fenster zu schiessen. ‹Kommt raus›, riefen sie», sagt sie zu «Bild».

Ihr Ehemann Oleg sei daraufhin hinausgegangen und habe darum gebeten, nicht zu schiessen. Im Haus seien nur Zivilisten. Irina und ihr Mann seien dann aufgefordert worden, die Hände hochzunehmen. «Sie fragten mich, warum ich mich versteckte. Ich sagte ‹Wir haben Angst. Und ihr schiesst›.» Die Russen hätten ihre Angst nicht verstanden. Schliesslich seien sie ja gekommen, um die Ukraine zu befreien.

Erst musste er sich hinknien, dann schossen sie ihm in den Kopf

Doch dann zeigte sich: Die Angst von Irina A. war berechtigt. Im Haus des Ehepaares fing es an zu brennen. Ihr Mann habe versucht, die Flammen zu löschen. «In dem Moment packten sie ihn, zogen ihm den Pullover ab, drückten ihn auf die Knie und schossen ihm in den Kopf.» Als wäre nichts gewesen, fragten sie Irina anschliessend, wo denn jetzt die Nazis seien.

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Ein Schock für die Ukrainerin. «Ich sagte ihnen, sie sollten auch mich töten. Ein Kämpfer zielte mit seiner Waffe auf mich. Ich sagte: ‹Töte mich und meine Katze›. Während er noch mit der Waffe auf mich zielte, sagte er, er würde keine Frauen töten», sagt sie zu «Bild».

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«Unser gesamtes Hab und Gut ist verbrannt»

Die Zeit der Belagerung durch die Russen, sei für die Bewohner schrecklich gewesen. Einen Monat durften sie die Stadt nicht verlassen. Irina A.: «Ein Scharfschütze hat auf die Menschen geschossen. Sie zwangen uns, unsere Handys abzugeben. Ich habe ihnen gesagt: ‹Wir haben nichts mehr, ihr habt uns alles genommen›.»

Doch das wollten die Russen nicht hören. Schliesslich sei die Ukraine ja selber schuld, weil sie diesen Präsidenten gewählt hätten, der Nazis fördert. Kreml-Propaganda wie aus dem Lehrbuch.

Auch Irinas Vater Wladimir ist durch den Angriff am Boden zerstört. «Unser gesamtes Hab und Gut ist verbrannt, Dokumente, alles was wir hatten. Sie sagten, sie seien Russen und sie seien gekommen, um uns zu befreien», sagt er zu «Bild».

«Wir haben vieles noch nicht zu sehen bekommen»

Nach dem Massaker reisten Vitali (50) und Wladimir (46) Klitschko, der Bürgermeister von Kiew und sein Bruder, der einstige Box-Weltmeister, nach Butscha. Gemeinsam mit dem Bürgermeister von Butscha nahmen sie die Gräueltaten in Augenschein.

«Schauen Sie, die Menschen haben die Hände auf dem Rücken, die waren hilflos. Die russischen Soldaten haben eine Safari auf Zivilisten gemacht. Wir haben allein in dieser kleinen Stadt 300 tote Zivilisten gezählt. Es gibt dafür keine Erklärung. Was ist der Grund, hilflose Zivilisten zu töten? Das ist Genozid an den Ukrainern. Wie viele Beweise braucht die Welt noch, dass hier ein Völkermord im Gang ist?» sagt Vitali Klitschko zum «Spiegel».

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«Der Tod ist überall, wo Putins Armee hinkommt»

Auch sein Bruder Wladimir Klitschko spricht Klartext: «Vor dem Krieg wurde die angebliche Befreiung von Nazis angekündigt. Aber sind das etwa Soldaten, die hier mit Kopfschüssen und zusammengebundenen Händen auf dem Boden liegen?» Für ihn ist denn auch klar, dass die meisten Grausamkeiten, die von den Russen begangen wurden, noch gar nicht ersichtlich sind.

«Das passiert nicht nur in Butscha, wo wir gerade sind, das passiert überall in der Ukraine. Wir haben vieles noch nicht zu sehen bekommen. Das ist in Mariupol passiert, auch im Süden des Landes, da ist viel Schrecken.» Bereits in der ukrainischen Hauptstadt Kiew habe er Zivilisten gesehen, die von russischen Raketen getroffen wurden. Für ihn ist klar: «Der Tod ist überall, wo Putins Armee hinkommt.» (ced)

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