Dick Marty fordert Strafe für Folter-Verantwortliche
«Rumsfeld, Cheney und Bush gehören vor Gericht»

Der frühere Tessiner Ständerat und Sonderermittler des Europarats, Dick Marty, prangert die in US-Geheimgefängnissen begangenen Verbrechen bereits seit Jahren an. Dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, erachtet er als wenig wahrscheinlich.
Publiziert: 11.12.2014 um 10:20 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:35 Uhr

Die Genfer Konventionen würden die USA eigentlich dazu verpflichten, Verbrechen wie Folter zu untersuchen und auch die politischen Verantwortlichen zu bestrafen. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama liess die brutalen Verhörmethoden des Geheimdienstes CIA unter seinem Vorgänger George W. Bush bereits 2009 unter die Lupe nehmen – trotzdem ist bis heute nichts dergleichen passiert. 

Für den Schweizer Ex-Ständerat und Sonderberichterestatter des Europarats, Dick Marty, ist klar: «Donald Rumsfeld und Dick Cheney gehören vor Gericht, ebenso George W. Bush.» Rumsfeld war unter Bush Verteidigungsminister. Cheney war Vizepräsident.

Nach dem weltweiten Aufschrei, welcher die Veröffentlichung von Folter-Fotos aus dem irakischen Gefängnis Abu Ghraib zur Folge hatte, wurden zwar einige einfache Soldaten wie zum Beispiel Lynndie England verurteilt. Doch die Verantwortlichen bei der CIA und in der US-Regierung blieben unbehelligt.

Ex-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der ehemalige US-Vizepräsident Dick Cheney, Ex-Präsident George W. Bush (von links).
Foto: AP

«Politischer Wille nicht vorhanden»

«Rechtliche Möglichkeiten gibt es zwar», sagt Marty im «Tages-Anzeiger» über die Strafverfolgung der politischen Verantwortlichen. «Aber der politische Wille ist in den USA nicht vorhanden.» Die Folge: Sämtliche Verfahren vor amerikanischen Gerichten sind bisher aus Gründen der nationalen Sicherheit und unter Zurückhaltung der relevanten Informationen gescheitert.

Der Europarat hatte Martys Untersuchung bereits 2007 vorgelegt, wonach die CIA zwischen 2003 und 2005 Geheimgefängnisse in Polen, Rumänien und anderen osteuropäischen Ländern unterhalten hatte.

Die Regierungen beider Länder bestritten zunächst die Existenz derartiger Gefängnisse. Der Europarats-Ausschuss, der mit der Untersuchung beauftragt war, sah die Existenz dieser Geheimgefängnisse aber als erwiesen an. Auch eine aktive Beteiligung europäischer Länder an den Entführungen von Terrorverdächtigen war für das Gremium klar. Nach Martys Überzeugung dienten sogar einige Flüge über die Schweiz der Verschleppung solcher Verdächtiger.

Zum Inhalt des jetzt veröffentlichten Berichts des US-Senats sagt Marty sarkastisch: «Meinen Bericht nannten meine Kritiker einen Roman, den Bericht des Senats nenne ich jetzt ein Plagiat.» (noo)

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