Deutscher Reservistenpräsident zu Putins Teilmobilmachung
«Russische Truppen werden eher geschwächt als gestärkt»

Manövriert sich Putin mit der Teilmobilmachung von Reservisten ins Aus? Dieser Ansicht ist der Präsident des Deutschen Reservistenverbands: Putins Befehl schwäche die Armee eher, als dass er sie stärkt.
Publiziert: 22.09.2022 um 16:42 Uhr

Kremlchef Wladimir Putin (69) zwingt 300'000 Reservisten an die Front. Wie wird dieser Entscheid den weiteren Kriegsverlauf beeinflussen? Nicht zugunsten der russischen Streitkräfte, meint Patrick Sensburg (51). Er ist der Präsident des deutschen Reservistenverbands, der rund 115'000 Mitglieder zählt.

Sensburg hält die Teilmobilmachung von 300'000 Reservisten für menschenverachtend. Aus strategischer Sicht sei der Befehl allerdings auch kein geschickter Schachzug. «Die Teilmobilmachung wird Putin nicht ausreichend Soldaten für seinen Krieg bringen», sagt er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Viele Verträge russischer Soldaten laufen in den nächsten Wochen aus, und die grosse Zahl an Gefallenen muss auch ersetzt werden.»

Bis zum Einsatz wird es noch dauern

Das sei aber nicht das einzige Problem für Putins Streitkräfte. Bevor Russland die mobilisierten Bürger aufs Schlachtfeld schicken könnte, stehe ein längerer Prozess bevor: Ärztliche Untersuchungen, Einkleidung und Zuordnung zu Kampfeinheiten benötigen Zeit. Laut Sensburg würden Wochen vergehen, bis die Reservisten einsatzbereit wären. Dabei seien Training und Ausbildung in seiner Berechnung noch gar nicht enthalten.

Patrick Sensburg, Präsident des deutschen Reservistenverbands, bezeichnet Putins Entscheid als menschenverachtend.
Foto: imago images/Future Image
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Sensburgs Fazit zu Putins Entscheid ist vernichtend: «So schlecht vorbereitete Soldaten in einen Krieg zu schicken, ist menschenverachtend und wird militärisch ein Desaster für Russland. Aus meiner Sicht werden die russischen Truppen dadurch sogar eher geschwächt als gestärkt.»

Zu einer ähnlichen These kommt auch ETH-Militärexperte Mauro Mantovani (59): «Ich glaube nicht, dass sie vor Ende Jahr in der Ukraine wirksam sein werden», sagte er gegenüber Blick. Zudem sei er skeptisch im Hinblick auf die Mentalität der Reservisten: «Die russischen Reservisten sind bestimmt nicht motiviert.»

Entscheid löst Entrüstung in der Bevölkerung aus

Dass der Kremlchef per Dekret die erste Mobilmachung Russlands seit dem Zweiten Weltkrieg angeordnet hat, löste bei seinem Volk eine Welle der Entrüstung aus. Im Anschluss an Putins Rede kam es zu mehreren Protesten in Russland. Über 1000 Festnahmen seien verzeichnet worden. (bab)

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