Der neue Premier Albin Kurti will den Kleinstaat modernisieren
Kosovo soll die Schweiz des Balkans werden

Im Kosovo, dem jüngsten Staat Europas, hat die linke Partei Vetevendosje die Wahlen gewonnen. Die Hoffnung auf einen Neuanfang ist gross, doch der für das Schweizer Portal Albinfo.ch arbeitende Journalist Bekim Dalipi ist skeptisch.
Publiziert: 15.02.2021 um 19:16 Uhr
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Aktualisiert: 05.04.2021 um 17:06 Uhr
Guido Felder

Im Kosovo hat die linke Reformbewegung Vetevendosje (Selbstbestimmung) die Wahlen klar für sich entschieden – auch dank massiver Unterstützung aus der Schweiz!

Die Partei von Albin Kurti (45), der schon von Februar bis Juni 2020 Regierungschef war, steigerte sich innerhalb von eineinhalb Jahren von 26 auf auf 48 Prozent der Stimmen. Die seit Sommer regierende konservative LDK (Demokratische Liga des Kosovos) erreichte nur noch 13 Prozent.

Ebenfalls abgesackt ist die PDK (Demokratische Partei des Kosovos), die aus der Bürgerkriegsmiliz UCK entstanden war. Sie holte 17 Prozent. Somit ist wohl das Ende der alten Garde, die die Unabhängigkeit des Landes erkämpft, aber als dominierende Regierungskraft mit Misswirtschaft und Korruption versagt hatte, in die Wege geleitet.

Kurti verspricht seinem Land Gerechtigkeit, neue Jobs sowie den Kampf gegen Korruption und Abwanderung.
Foto: AFP
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Kurti macht Dampf

Nur acht Monate nach den letzten Wahlen musste der Kosovo wieder wählen. Die Wahl der Regierung unter Avdullah Hoti (45) von der LKD am 3. Juni 2020 war nur dank der Stimme eines Abgeordneten zustande gekommen, der wegen einer Verurteilung gar nicht im Parlament hätte sitzen dürfen.

Viele Kosovaren wünschen sich grundlegende Änderungen. Albin Kurti sagte dem erst 2008 gegründeten und bereits vor dem Staatsbankrott stehenden Staat dann auch ein neues Zeitalter voraus. Er versprach: «Unsere Prioritäten sind Gerechtigkeit, neue Jobs sowie der Kampf gegen Korruption und Abwanderung.»

Kurtis Vetevendosje hat vor allem jüngere und unverbrauchte Politiker um sich geschart. Auch die Spitzenpolitikerin Vjosa Osmani (38), die zurzeit Interims-Staatspräsidentin ist, war von der LDK zur linken Reformpartei übergetreten. Es wird erwartet, dass sie ihr Amt definitiv übernimmt und Kurti Premierminister wird.

Schweiz-Kosovaren für Kurti

Von den rund 1,8 Millionen Stimmberechtigten haben 47 Prozent gewählt. Allein 110’000 Stimmen kamen von der Diaspora im Ausland. Bekim Dalipi, Journalist bei Albinfo.ch, schätzt, dass von diesen Auslandsstimmen rund ein Drittel, also gegen 40'000, von den sogenannten Shatzis aus der Schweiz stammen, die ihrer alten Heimat den Stempel ihrer neuen Heimat Schweiz aufdrücken möchten.

«Die in der Schweiz lebenden Kosovaren haben klar mehrheitlich für Kurti gestimmt, die Euphorie ist sehr gross», sagt Dalipi. Kurti sei es mit seinem Kampf gegen Korruption gelungen, im Ausland Wahlberechtigte zu mobilisieren. Von den Anhängern der anderen Parteien hätten viele aus Enttäuschung über die Politik ihrer Partei gar nicht erst gewählt.

Mit seinem Programm gilt der linksnationalistische Kurti bei vielen als Hoffnungsträger. Dalipi ist jedoch nicht ganz so optimistisch. «Die Erwartungen an ihn sind sehr hoch. Ich bin skeptisch, dass er es mit den vielen jungen und auch unerfahrenen Leuten schafft, die Wende herbeizuführen.»

Tausende Kosovaren reisen für Wahlen in die Heimat
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Grosse Euphorie:Tausende Kosovaren reisen für Wahlen in die Heimat
Der Kosovo im Vergleich zur Schweiz

• Fläche: 10'887 km² (Schweiz: 41'285 km²)
• Einwohner: 1,9 Millionen (Schweiz: 8,6 Millionen)
• BIP* pro Kopf: 4447 Dollar (Schweiz: 82'484 Dollar)
• Sprache: Albanisch und Serbisch
• Unabhängigkeit: 17. Februar 2008 von Serbien
• Nationalfeiertag: 17. Februar

* Bruttoinlandprodukt nominal

• Fläche: 10'887 km² (Schweiz: 41'285 km²)
• Einwohner: 1,9 Millionen (Schweiz: 8,6 Millionen)
• BIP* pro Kopf: 4447 Dollar (Schweiz: 82'484 Dollar)
• Sprache: Albanisch und Serbisch
• Unabhängigkeit: 17. Februar 2008 von Serbien
• Nationalfeiertag: 17. Februar

* Bruttoinlandprodukt nominal

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