«Die Anklage könnte Trump zu einem Märtyrer machen»
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USA-Experte Peter Hossli:«Die Anklage könnte Trump zu einem Märtyrer machen»

Der Ex-Präsident muss vor Gericht antraben – und steht bereits als Sieger fest
Trump lacht sich ins Fäustchen

Donald Trump wird angeklagt. Doch statt sich dadurch politisch selbst ins Aus zu schiessen, ist Trump nun mächtiger denn je. Und die Demokraten gucken in die Röhre.
Publiziert: 31.03.2023 um 20:00 Uhr
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Aktualisiert: 31.03.2023 um 20:03 Uhr
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Donald Trump (76) ist zwar schon der 45. Präsident der USA. Aber in vielerlei Hinsicht ist er ein Präsident der ersten Stunde. Er war der erste Präsident, der zuvor nicht im Militär war oder ein politisches Amt innehatte. Der erste, der einen Angriff auf eine staatliche Einrichtung provozierte, weil er eine Wahl verloren hatte. Und er ist der erste Präsident in der amerikanischen Geschichte, gegen den Anklage erhoben wurde.

Am Donnerstag (Ortszeit) wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft in Manhattan beschlossen hat, Trump wegen einer Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels (44) anzuklagen, die er während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 getätigt haben soll. Mit dieser Anklage wurde der 30. März 2023 zu einem Tag für die Geschichtsbücher.

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«Vor dieser Nacht waren die Präsidenten in diesem Land Könige.»
Michael Beschloss, Präsidentschaftshistoriker
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In der Prä-Trump-Ära wäre ein Vorfall wie dieser das Ende der politischen Karriere eines jeden Politikers gewesen. Präsidentschaftskandidaten in den USA haben sich wegen weit weniger skandalöser Vorfälle aus dem Rennen zurückgezogen. Nicht aber Trump.

Jetzt ist es offiziell: Ex-Präsident Donald Trump wurde angeklagt.
Foto: imago/Future Image
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Der Präsidentschaftshistoriker Michael Beschloss (67) fand in einem MSNBC-Interview die richtigen Worte: «Vor dem heutigen Abend waren die Präsidenten in diesem Land Könige.» Können sie also bald auch Verbrecher sein?

Republikaner gehen Trumps Ammenmärchen auf den Leim

Fest steht: Trump hat durch die Anklage wieder einmal bekommen, was er wollte. Alle Scheinwerfer sind auf ihn gerichtet. Er liebt es, das Opfer zu spielen. Schon am Wochenende behauptete er in weiser Voraussicht bei einer Wahlkampfveranstaltung in Texas, dass das «Regime» des derzeitigen Präsidenten Joe Biden (80) ihn angreife. Und das in einer Art und Weise, «die direkt aus der stalinistischen Russland-Horrorshow stammt». Am Donnerstag schrieb er: «Das ist politische Verfolgung und Wahleinmischung auf höchstem Niveau. Die Demokraten haben gelogen, betrogen und gestohlen in ihrer Besessenheit, ‹Trump zu kriegen›.»

Es ist die grosse amerikanische Tragödie, dass Methoden wie diese – für Nicht-Amerikaner kaum nachvollziehbar – wohl einen Vorteil für Trump darstellen. Dass der Ankläger Alvin Bragg (49) ein (schwarzer) Demokrat aus New York ist, befeuert die Republikaner bloss. Dass Michael Cohen (56), ein ehemaliger Anwalt von Trump und rechtskräftig Verurteilter, der Kronzeuge ist, wird die Elefanten nur noch mehr in Wallung bringen. Und dass der Fall nun schon sieben Jahre alt ist, wird ihn in den Augen seiner Anhänger schlicht und einfach irrelevant machen.

Sogar grösster Konkurrent zeigt Sympathie

Selbst Ron DeSantis (44), Gouverneur von Florida und potenziell Trumps grösster Konkurrent im bevorstehenden Präsidentschaftsrennen, schien um Worte verlegen. Auf Twitter stellt er sich sogar auf die Seite des Ex-Präsidenten: «Die Bewaffnung des Rechtssystems, um eine politische Agenda voranzutreiben, stellt die Rechtsstaatlichkeit auf den Kopf.»

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Viele Republikaner stimmen ihm zu und schimpfen über «extremistische Demokraten, die die Regierung als Waffe benutzen, um ihre politischen Gegner anzugreifen», wie Steve Scalise (57), der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, es ausdrückt.

Ein Angriff mit wohl minimalen Konsequenzen für Trump und seine Unterstützer. Es könnte ihn sogar in die Position des Publikumslieblings für die Wahlen 2024 katapultieren. Denn in einem Land, das durch eine «Ihr gegen uns»-Mentalität gespalten ist, werden sich die Republikaner auf die Seite des angeblich zu Unrecht angeklagten «Make America great again»-Helden stellen.

Demokraten können sich nur kurz freuen

Und die Demokraten? Die können sich im Hier und Jetzt zwar freuen. Maxine Waters (84), demokratische Repräsentantin, twitterte: «Manchmal funktioniert die Gerechtigkeit!» Doch sobald es um die Wahlen geht, wird Schluss mit Freudensprüngen sein.

Die Anklage gegen Trump könnte ihm helfen, die Präsidentschaftswahlen 2024 zu gewinnen. Es sei denn, er wird tatsächlich angeklagt und hinter Gitter gebracht – aber selbst dann ist nichts sicher.

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