Auch die Mafia-Mamma versteht keinen Spass
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Bieler Journalist warnt:Auch die Mafia-Mamma kennt keinen Spass

Der Bieler Klaus Davi (54) durchleuchtet seit Jahren den Anello-Clan
Auch die Mafia-Mamma versteht keinen Spass

Der Schweizer zählt zu den mutigsten Journalisten Italiens. Er lauert den gefährlichen Paten der 'Ndrangheta auf, stellt ihnen unangenehme Fragen – und wird auch angegriffen. Beim Anello-Clan ging die Mutter des Big Boss mit dem Besen auf ihn los.
Publiziert: 25.07.2020 um 00:44 Uhr
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Aktualisiert: 26.07.2020 um 15:15 Uhr
Myrte Müller

Seine Waffen sind Smartphone und Mikrofon. Er weiss, wo die Paten stecken. Er kennt ihre dunklen Geschäfte. Dann geht Klaus Davi (54) zum Angriff über. Der Journalist lauert den gefährlichsten Mafia-Bossen der 'Ndrangheta auf. Vor der Haustür. Auf der Strasse. Im Ristorante. Er stellt bohrende Fragen zu ihren Verbrechen. Ihre Reaktionen hält er im Video fest, alles läuft dann ungeschnitten im Internet (BLICK berichtete). Bei seinen «Überfällen» bleibt Klaus Davi stets freundlich, höflich und cool. Aber hartnäckig.

Auch im kalabrischen Filadelfia taucht der Schweizer auf. Er will die Anello-Brüder sprechen, die am Dienstag Ziel einer gigantischen Polizeirazzia waren (BLICK berichtete). Der gebürtige Bieler will von den Mafiosi wissen: Was haben sie mit Santo Panzarella (†29) gemacht? Wo haben sie seine Leiche vergraben? Denn Santo war der Geliebte der Ehefrau von Rocco Anello (59).

Der einstige Privatchauffeur der schönen Angela (40) wurde 2002 mit Schüssen hingerichtet und verscharrt. Unter dringendem Tatverdacht stand damals Tommaso Anello (56), der Bruder des gehörnten Paten. Klaus Davi hat einen Werbewagen mit dem Foto und der Vermisstenmeldung des Opfers bekleben lassen und parkiert vor dem Anwesen des Paten.

Der Bieler Klaus Davi (54) gilt mittlerweile als einer der mutigsten Journalisten Italiens. Sein Spezialgebiet: Die kalabrische 'Ndrangheta.
Foto: LaPresse
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Mafia-Grosi geht mit Besen auf den Schweizer los

Doch im Vorgarten erscheinen nicht die Bosse, sondern ihre Mutter. Und die versteht keinen Spass. Die renitente Mamma geht wie eine Furie mit dem Besen auf den Journalisten los, schleudert ihn wie eine Lanze. «Sie hat auch mit Müllsäcken nach mir geworfen», erinnert sich Klaus Davi.

Harmlose Geschosse – diesmal. Denn es hätte auch anders ausgehen können. Der Anello-Clan ist berühmt für seine Morde mit der sogenannten «Lupara Bianca», der «Weissen Schrotflinte». So nennt man in der Mafia-Sprache das Verschwinden der Getöteten auf Nimmerwiedersehen. «Dass ich noch lebe, ist schon ein Wunder», sagt der Mafia-Jäger.

«Die Anello-Brüder sind auch Auftragskiller»

«Die Anello-Brüder sind hochgefährlich», weiss Klaus Davi. «Sie töten nicht nur in ihren Kreisen. Sie bieten sich auch als Auftragskiller an.» Die Mitglieder des Clans seien ländlich, ihre Methoden eher mittelalterlich und sehr brutal. «Nur die Art des Business wird immer moderner», so der Mafia-Experte.

Dennoch: «Die Nachrichten von den Razzien in der Schweiz haben mich überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Kerle dort so Fuss fassen konnten.» Davi ist überzeugt: «Allein hätten sie das nie geschafft. Ich vermute, sie hatten Schweizer, die ihnen halfen.» Solche Leute, die zu keinem Clan gehörten und auch keine Italiener seien, würden in der sogenannten «Grauen Zone» wirken, so Davi weiter.

«Die 'Ndrangheta ist ein multinationales Problem»

«Die Mafia-Bosse reisen mit Cash an. Sie haben stapelweise Tausenderscheine dabei und kaufen jeden und alles», erklärt der Mafia-Jäger. «Sie finden immer jemanden, der ihnen den Weg ebnet.»

Der 'Ndragheta-Experte warnt: «Die Schweiz muss der Mafia auf die Finger schauen. Sie darf diese Verbrecher nicht unterschätzen. Die Clans sind international vernetzt. Sie arbeiten eng mit kolumbianischen Drogenkartellen und osteuropäischen, kriminellen Organisationen zusammen.» Es sei kein schweizerisches oder italienisches Problem: «Das Problem ist multinational.»


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