Peppe (†84) starb auf WC der Corona-Notaufnahme
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Schock-Video aus Neapel:Peppe (†84) starb auf WC der Corona-Notaufnahme

Das Schicksal hinter dem Schock-Video aus Neapel
Peppe (†84) starb auf WC der Corona-Notaufnahme

Weil er nicht von der Toilette zurückkam, ging ein Patient nach Giuseppe C.* (†84) schauen. Der Mann fand die Leiche des Italieners auf dem Fussboden, filmte das Geschehen und stellte es ins Netz.
Publiziert: 16.11.2020 um 21:04 Uhr
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Aktualisiert: 02.12.2020 um 15:50 Uhr
Myrte Müller

Es sind Bilder, die Panik schüren in Italien. Eine vollgestopfte Notaufnahme. Überall liegen Menschen auf Bahren. Sogar auf dem Korridor. Dicht an dicht. Weit und breit kein Pfleger, kein Arzt. Die Kamera des Smartphones schwenkt zum WC hinüber. Auf dem kalten Fliesenboden liegt ein Mann. Er bewegt sich nicht mehr. Er ist tot.

Gedreht und ins Netz gestellt hat das Video ein Corona-Patient des Spitals Cardarelli in Neapel. Der Missstand geschieht am frühen Nachmittag des vergangenen Mittwochs. Rosario La Monica erzählt, er habe nach dem älteren Herrn schauen wollen, weil er nicht mehr aus der Toilette kam. Er habe ihn auf dem Boden liegen sehen, dann um Hilfe gerufen. «Ich habe etwas Wasser auf sein Gesicht gegossen. Er habe sich noch leicht bewegt», sagt Rosario La Monica. Eine halbe Stunde habe es gedauert, bis sich endlich Pfleger und Ärzte um ihn kümmerten. Zu spät. Herzinfarkt, so die Diagnose später. «Der Mann hatte nicht mehr atmen können», sagt hingegen Rosario La Monica.

Der Tote war früher Boxer und Seemann

Heute hat der Tote im Bad einen Namen. Er hat ein Gesicht, eine Lebensgeschichte. Giuseppe C.* (†84) ist nicht nur eine Zahl in der Statistik. Es war «Peppe, der Boxer». Seemann mit einem Leben voller Abenteuer. Zudem war er eine bekannte Persönlichkeit in Neapels Altstadtviertel Montecalvario. Und er hat eine Familie mit Wut im Bauch.

Giuseppe C.* (†84) war früher Boxer und Seemann von Beruf. Sein Tod in der Notaufnahme eines neapolitanischen Hotels sorgt für traurige Schlagzeilen.
Foto: zVg
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«Wir hatten ihn am Dienstag zur Notaufnahme gebracht. Am Mittwochmorgen hiess es, es gehe ihm nicht schlecht. Er brauche keine künstliche Beatmung. Dann gegen 15 Uhr riefen sie uns wieder an und teilten uns mit, unser Vater sei im Bett gestorben», sagt die Tochter Patrizia gegenüber Il Mattino. Eine Lüge, wie die Familie sehr schnell erfährt.

«Grossvater, du hast es nicht verdient, so zu sterben»

Denn kurz darauf meldet sich die Polizei - und zeigt das Video. Ob sie Anzeige erstatten wollten, so die Beamten. «Es war wie ein Stich ins Herz», sagt Tochter Patrizia. Doch ohne das Video hätten sie nie die Wahrheit erfahren. «Es sind so grausame Aufnahmen. Sie zeigen die ganze menschliche Gleichgültigkeit. Das Spital hat meinen Grossvater getötet, mit einer Lüge», schimpft unterdessen Enkelin Tatiana auf Facebook, «sie waren zu feige, uns über seinen wahren Zustand zu informieren.» An ihren toten Opa schreibt die Enkelin: «Du warst mein bester Freund. Du warst wunderbar und hast es nicht verdient, so zu sterben. Wir werden für Gerechtigkeit sorgen.»

Während die Familie eine Klage gegen das Spital vorbereitet, fordert der Gouverneur von Neapel, Vincenzo de Luca, ebenfalls rechtliche Schritte. Nicht etwa gegen die Verantwortlichen der Notaufnahme, sondern gegen Rosario La Monica, weil er das Video drehte und veröffentlichte.

*Name bekannt

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