China
Taiwanesischer Menschenrechtsaktivist bekennt sich schuldig

Yueyang – Zum ersten Mal ist ein taiwanesischer Menschenrechtsaktivist in China vor Gericht gestellt worden. Zum Prozessbeginn bekannte sich Lee Ming-che als schuldig der «Untergrabung der Staatsgewalt».
Publiziert: 11.09.2017 um 11:03 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:33 Uhr

Dem Hochschullehrer steht seit Montag vor einem Volksgericht in der Stadt Yueyang in der zentralchinesischen Provinz Hunan. Wann mit dem Urteil zu rechnen ist, war unklar.

Der Fall des 42-Jährigen, der im März bei der Einreise von Macao nach China festgenommen worden war, belastet die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Peking und Taipeh. Seit seiner Festnahme fürchten viele Einwohner der Inselrepublik um ihre Sicherheit, wenn sie nach China reisen.

Rund sechs Millionen Taiwanesen besuchen jährlich die Volksrepublik. Die kommunistische Führung in Peking betrachtet Taiwan nur als abtrünnige Provinz.

Dieses Foto zeigt Lee in Taipeh: Der politische Aktivist soll laut Anklage in China die Staatsgewalt untergraben haben. Lee hat dies nun vor Gericht gestanden. (Archiv)
Foto: KEYSTONE/EPA WENSHAN COMMUNITY COLLEGE/WENSHAN COMMUNITY COLLEGE

Vor Gericht sagte Lee Ming-che: «Ich plädiere auf schuldig und bereue meine Tat.» Er habe Artikel veröffentlicht und an Aktivitäten in der südchinesischen Stadt Guangzhou teilgenommen, mit der die Partei, die Regierung und das politische System Chinas «bösartig angegriffen und verunglimpft» worden seien.

Menschenrechtler sprachen von einem erzwungenen Geständnis.​ «Seine Aussage klang nach den üblichen Positionen der Regierung»​, sagte Patrick Poon von Amnesty International.​«​Der Prozess von Lee Ming-che ist ein klassischer Schauprozess», kritisierte auch Maya Wang von Human Rights Watch. Die Staatsanwaltschaft habe bislang keine überzeugenden Beweise vorgelegt. ​

«Lee Ming-che ist taiwanesischer Staatsbürger», betonte das Präsidialamt in Taipeh zu dem Fall, der in Taiwan mit Empörung verfolgt wird. «Es ist das chinesische Regime, das vor Gericht gestellt werden sollte, nicht Lee Ming-che» sagte der Generalsekretär der taiwanesischen Menschenrechtsvereinigung, Chiu E-ling, und forderte, dass er auf freien Fuss gesetzt wird. «Die Welt schaut zu.»

Der Fall stiess auch international auf scharfe Kritik. Das Europäische Parlament forderte im Juli in einer Resolution die Freilassung des Aktivisten.

Dessen Frau Lee Ching-yu ist in Begleitung eines Anwalts von Taiwan nach Yueyang gereist und konnte am Prozess teilnehmen. Im Verfahren wird der Aktivist von einem Verteidiger vertreten, den das Gericht bestellt hat.

Lee Ming-che steht gemeinsam mit dem chinesische Aktivisten Peng Yuhua vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, seit 2012 ein Netzwerk aufzubauen, um ein Mehrparteiensystem zu fördern.

Beiden droht eine mehrjährige Haftstrafe. Der Prozess erfolgt vor dem Hintergrund einer verschärften Verfolgung von Menschenrechtlern und Anwälten seit mindestens zwei Jahren in China.

Erst vor drei Wochen war der bekannte chinesische Bürgerrechtsanwalt Jiang Tianyong unter dem Vorwurf der «Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt» vor Gericht gestellt worden. Er hat ein Geständnis im Sinne der Anklage abgelegt, das nach Ansicht von Menschenrechtsgruppen erzwungen war.

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