China
China wirft seinem entführten Interpol-Chef Bestechlichkeit vor

Peking/Lyon – China hat den verschwundenen Interpol-Chef Meng Hongwei der Korruption bezichtigt. Der Chinese Meng habe «Bestechungsgelder angenommen» und werde verdächtigt, «gegen das Gesetz verstossen» zu haben, erklärte das Sicherheitsministerium in Peking am Montag.
Publiziert: 08.10.2018 um 10:45 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 08:35 Uhr

Die internationale Polizeibehörde Interpol hatte am Sonntag den sofortigen Rücktritt ihres seit gut zwei Wochen nach einem Besuch in China verschollenen Präsidenten verkündet.

Aufenthaltsort bleibt unbekannt

Wie aus der Erklärung des Ministeriums in Peking weiter hervorgeht, ermittelt die staatliche Aufsichtskommission, in deren Gewahrsam Meng Hongwei sei, «wegen Bestechlichkeit». In der Erklärung wird nicht angegeben, ob sich die Korruptionsvorwürfe auf sein Ministeramt in China oder seine Arbeit bei Interpol beziehen. Unklar ist auch, ob Meng inhaftiert wurde und wo er sich aufhält.

Das Parteikomitee unter Vorsitz von Polizeiminister Zhao Kezhi billigte das Vorgehen gegen den ersten chinesischen Interpol-Chef als «rechtzeitig, völlig gerechtfertigt und sehr klug».

Ist möglicherweise innerchinesischen Machtkämpfen hinter den Kulissen zum Opfer gefallen: der von Peking entführte und zum Rücktritt gezwungene Interpol-Chef Meng Hongwei.
Foto: KEYSTONE/AP/WONG MAYE-E

Es demonstriere die entschlossene Haltung des Zentralkomitees unter der Führung von Staats- und Parteichef Xi Jinping, die Partei streng zu führen und den Kampf gegen Korruption umzusetzen. Niemand stehe über dem Gesetz. Wer gegen das Gesetz verstosse, müsse streng bestraft werden.

Was ist passiert?

Der 64-Jährige war am 25. September nach der Landung in China festgenommen worden, ohne dass die chinesischen Behörden die internationale Polizeiorganisation zunächst unterrichtet hatten. Erst spät am Sonntag teilte das Ministerium mit, dass er «unter Aufsicht» genommen worden sei und dass gegen ihn ermittelt werde. Interpol erhielt am Sonntag zudem eine Erklärung des Chinesen, in der dieser seinen sofortigen Rücktritt erklärte.

Das Vorgehen gegen den international prominentesten chinesischen Polizeirepräsentanten löste Spekulationen aus, ob der 64-Jährige vielleicht in Machtkämpfe hinter den Kulissen verwickelt gewesen sein könnte.

Chinas Rolle bei Interpol

Meng Hongwei hat Karriere im Polizeiministerium gemacht, als es noch unter Führung des später gestürzten und 2015 zu lebenslanger Haft verurteilten Sicherheitschefs Zhou Yongkang gestanden hatte, der als Rivale von Xi Jinping galt. Der Präsident äusserte später sogar den Verdacht einer Verschwörung.

Der Sturz des eigenen Interpol-Chefs ist ungewöhnlich. Experten sahen auch einen Schlag für die Reputation Chinas und seine Bemühungen, durch eigene Vertreter in internationalen Organisationen eine grössere Führungsrolle weltweit zu übernehmen. So galt die Berufung Meng Hongweis an die Spitze von Interpol 2016 als Erfolg Chinas, sich mit seinem gewachsenen Gewicht auf der globalen Bühne durchzusetzen.

Die Personalie war international umstritten und hatte auch Menschenrechtler besorgt. Amnesty International warf China damals vor, schon lange zu versuchen, Interpol für die Fahndung nach chinesischen Dissidenten und Aktivisten zu benutzen.

Hongwei verschickte als letztes ein Messer-Emoji

Die wichtigste internationale Polizeiorganisation hat ihren Sitz im französischen Lyon. Die 192 Mitgliedsstaaten tauschen unter anderem Informationen zu gesuchten Personen aus.

Seine Frau hatte Meng Hongwei vergangene Woche bei den französischen Behörden als vermisst gemeldet, weil sie nichts von ihm gehört hatte, seit er nach China gereist war. Als letztes Lebenszeichen erhielt sie von ihm auf dem Handy nur ein Emoji mit einem Messer, was sie beunruhigte.

Interpol teilte mit, dass Vizepräsident Kim Jong Yang aus Südkorea vorübergehend die Präsidentschaft übernehme. Die Generalversammlung soll im November einen Nachfolger wählen. (SDA)

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