Boris Johnson wird zurücktreten
0:54
Knall in Grossbritannien:Boris Johnson wird zurücktreten

«Bye bye, Boris!» – und jetzt?
Ex-Berater warnt vor «Blutbad», wenn Premier bis Herbst im Amt bleibt

Boris Johnson wird als Parteichef und bald auch als Premierminister Grossbritanniens zurücktreten. Mögliche Nachfolger stehen bereits in den Startlöchern – wie das Rennen ausgeht, ist noch unklar.
Publiziert: 07.07.2022 um 11:06 Uhr
|
Aktualisiert: 07.07.2022 um 13:21 Uhr
Chiara Schlenz

Jetzt heisst es offiziell: «Bye bye, Boris»! Der britische Premierminister Boris Johnson (58) will noch am Donnerstag von seinem Amt als Tory-Parteichef zurücktreten. Auch seine Tage als Premierminister von Grossbritannien sind gezählt – allerdings möchte er im Amt bleiben, bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden wurde.

Der wachsende Druck auf den Premier habe seine Position unmöglich gemacht, schreiben britische Medien. Nun könnte er zum am kürzesten amtierenden Premierminister Grossbritanniens der Neuzeit werden.

Was passiert jetzt?

Das Land steckt somit in einer grossen Regierungskrise. Was jetzt passiert, ist noch offen. Johnson selbst soll ich im Verlauf des Tages an die Bevölkerung wenden, eine Rücktrittserklärung sei schon verfasst worden, wie «Sky News» unter Berufung auf Regierungsquellen berichtet.

Boris Johns wird als Tory-Parteichef und als Premierminister Grossbritanniens zurücktreten.
Foto: keystone-sda.ch
1/6

Die Rücktrittserklärung Johnsons wird wohl einen Wahlkampf innerhalb der konservativen Partei auslösen, ähnlich wie es 2019 nach dem Rücktritt der ehemaligen Premierministerin Theresa May (65) geschah. Doch im Gegensatz zu damals ist der Sieger noch nicht zu erahnen.

«Die Regierungsmitglieder haben keinen Plan, was als Nächstes passiert – sie verdrängen ihn buchstäblich, weil sie nicht mehr unter ihm dienen können», schätzt die Journalistin Beth Rigby die Lage ein.

«Er wird ein Blutbad anrichten»

Wer nun denkt, dass der hemdsärmelige Politiker noch heute die Downing Street auf ewig verlassen wird, könnte falsch liegen. Denn bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für ihn gefunden ist, könnte es noch dauern. Vielleicht sogar bis im Oktober, wie unter anderem «The Mirror» schreibt.

Johnson soll mit Sir Graham Brady (55), dem Vorsitzenden des konservativen Komitees 1992, gesprochen haben. «Der Premierminister hat mit Graham Brady gesprochen und zugestimmt, rechtzeitig zurückzutreten, damit bis zur Konferenz im Oktober ein neuer Parteivorsitzender gefunden werden kann», so eine Quelle aus der Downing Street.

Mehrere Regierungsmitglieder fordern allerdings, dass Johnson nicht als Premierminister im Amt bleiben, sondern eine Stellvertretung ernannt werden soll. «Johnson muss die Amtssiegel zurückgeben, sich bei der Queen entschuldigen und ihr raten, einen geschäftsführenden Premierminister zu berufen», fordert beispielsweise George Freeman.

Man fürchtet einen chaotischen Sommer, geprägt von Wahlkämpfen innerhalb der Partei, fehlenden Ministern – und einem nicht willkommenenen Staatsoberhaupt. Johnsons Ex-Chefberater Dominic Cummings (50) warnt unverblümt vor den Folgen. Johnson solle noch heute abtreten oder aus dem Amt geschmissen werden. «Ansonsten wird er ein Blutbad anrichten», schreibt Cummings auf Twitter. Johnson spiele auf Zeit und versuche im Amt zu bleiben. Es dürfe nicht sein, dass Boris Johnson Interims-Premierminister sei.

Alle Minister sollen zurückgeholt werden

Zudem sollen alle zurückgetretenen Minister wieder ins Amt zurückgeholt werden – Johnson denkt aber gar nicht dran: Er ernennt am Donnerstag munter neue Minister, um sein Kabinett neu zu besetzen. Als potenzieller Interimpremierminister wird aktuell vor allem Dominic Raab (48) gehandelt. Er ist der stellvertretende Premierminister Johnsons und somit die logische Wahl für das Interimsamt.

Zudem berichtet «Daily Mail» unter Berufung auf Tory-Quellen, dass die ehemalige Premierministerin Theresa May (65) wieder auf der britischen Politikbühne auftauchen könnte – als Stellvertretung für Johnson. Der Grund: als amtierende Abgeordnete und ehemalige Staatschefin sei sie besser für den Job ausgerüstet, als viele andere.

Das sind die möglichen Nachfolger

Rund zehn britische Politikerinnen und Politiker werden als mögliche Nachfolger Johnson gehandelt. Dazu zählt auch der zurückgetretene Finanzminister Rishi Sunak (42). Er wurde lange als Favorit für das freiwerdende Amt gehandelt.

Auch der zurückgetretene Gesundheitsminister Sajid Javid (52) ist im Rennen. 2020 war er bereits im Streit mit Johnson als Finanzminister zurückgetreten, wurde gut ein Jahr später jedoch als Gesundheitsminister erneut ins Kabinett berufen.

Der frühere Aussen- und Gesundheitsminister Jeremy Hunt, die amtierende Aussenministerin Liz Truss, der amtierende Verteidigungsminister Ben Wallace, der aktuelle Kanzler Nadhim Zahawi und der ehemalige Armeeminister Tom Tugendhat stehen ebenfalls zur Auswahl.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?