Brexit-Abstimmung
May kämpft mit neuen Zusicherungen aus Brüssel für Brexit-Deal

London/Brüssel – Mit neuen Zusicherungen der EU hat die britische Premierministern Theresa May um Unterstützung im Parlament für den Brexit-Vertrag gekämpft.
Publiziert: 14.01.2019 um 17:53 Uhr
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Aktualisiert: 14.01.2019 um 17:07 Uhr

Nur die Zustimmung zum Abkommen könne einen chaotischen EU-Austritt oder den Stopp des Brexit verhindern, sagte May am Montag.

Wird Brexit verschoben?

Dennoch war keine Mehrheit für den Vertrag im Unterhaus in Sicht. Die EU hält nun eine Verschiebung des Brexit über das vorgesehene Datum 29. März hinaus für möglich. Doch gibt die EU-Seite auch die Hoffnung nicht auf, dass Grossbritannien doch noch Mitglied bleibt.

Mehr als 100 Abgeordnete des EU-Parlaments richteten in einem offenen Brief einen emotionalen Appell an die Briten: "Wir bitten darum, im Interesse der nächsten Generation den Austritt zu überdenken." Bei einer Abkehr vom Brexit würde man zusammen daran arbeiten, "die Europäische Union zu reformieren und zu verbessern, so dass sie besser im Sinne aller Bürger funktioniert", heisst es in dem Papier.

Einen Tag vor der Abstimmung im Parlament in London über den Austrittsvertrag Grossbritanniens aus der EU hat die britische Premierministern Theresa May am Montag um Unterstützung für das Brexit-Abkommen geworden. Eine Niederlage der Regierung gilt jedoch schon als ausgemacht.
Foto: KEYSTONE/AP/FRANK AUGSTEIN

Neue Zusicherungen seitens EU

May will aber keine Abkehr vom Brexit und auch keine Verschiebung. Stattdessen bewegte sie EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk zu neuen Zusicherungen, die für die Ratifizierung des Brexit-Vertrags in Grossbritannien hilfreich sein sollen. Juncker und Tusk schickten am Montag einen langen Brief nach London.

Enthalten sind zwei wichtige Punkte: Die in Grossbritannien umstrittene Garantie für eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland, der sogenannte Backstop, wird als reine Rückversicherung dargestellt, die möglichst nie genutzt werden solle. Und wenn doch, dann nur übergangsweise, bis eine bessere Lösung gefunden sei. Auch bestätigte die EU, dass diese Zusicherungen "juristischen Wert" haben, was May wichtig war.

In der Substanz ändert der neue EU-Brief allerdings nichts. Denn Juncker und Tusk halten gleich zu Beginn fest: "Wie Sie wissen, sind wir nicht in der Lage, irgendetwas zuzustimmen, das das Austrittsabkommen ändert oder nicht mit ihm übereinstimmt." Man sei aber bereit, die Interpretation des Abkommens zu bekräftigen.

May räumte in einer Rede in Stoke-on-Trent ein, dass die von Kritikern im Parlament gewünschte Befristung des Backstops nicht möglich gewesen sei. Dennoch seien wichtige Punkte erreicht worden. Darunter sei die Zusage, dass die Verhandlungen über die künftige Partnerschaft Grossbritanniens mit der EU bereits vor dem Austrittsdatum am 29. März beginnen könnten. Junckers und Tusks Zusagen seien zudem "rechtswirksam".

Schlechte Chancen für Brexit-Mehrheit im Parlament

Trotz Mays Appellen in letzter Minute sah aber auch ihre Regierung einen Tag vor der Abstimmung kaum eine Chance auf eine Mehrheit, wie Handelsminister Liam Fox am Montag in der BBC eingestand. Spekuliert wurde eigentlich nur noch darüber, wie schlimm die Niederlage für May ausfällt und wie es danach weitergeht.

Sollte das Parlament das Abkommen am Dienstag mit grosser Mehrheit ablehnen und sich auch in den kommenden Wochen nicht auf ein weiteres Vorgehen einigen, droht ein Austritt ohne Abkommen mit dramatischen Konsequenzen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche.

Möglich ist aber, dass das Parlament am Dienstag selbst schon einen Ausweg weist. Die Beschlussvorlage kann noch vor der eigentlichen Abstimmung abgeändert werden. Solche Änderungen könnten am Ende sogar die eigentliche Abstimmung stoppen. Nach einer Niederlage der Regierung könnte es auch zu einem Misstrauensvotum kommen. Allerdings wird nicht damit gerechnet, dass die Regierung damit zu Fall gebracht werden kann.

In ihrer Rede lehnte May eine Verschiebung des Brexit erneut explizit ab. EU-Diplomaten hatten zuvor bestätigt, dass man in Brüssel einen britischen Antrag auf Verlängerung der Austrittsfrist nach Artikel 50 der EU-Verträge für möglich hält. Noch gebe es aber einen solchen Antrag nicht, und nötig wäre für seine Billigung Einstimmigkeit der 27 übrigen EU-Staaten.

Die Schritte ins Brexit-Chaos
  • 23. Januar 2013
    Um die Briten zu beruhigen, kündigt Premierminister David Cameron eine Abstimmung zum Brexit an.
     
  • 23. Juni 2016
    51,9 Prozent der Briten stimmen für den Austritt aus der EU.
     
  • 29. März 2017
    London reicht in Brüssel die Austrittserklärung ein. Die Uhr beginnt zu ticken, in zwei Jahren – am 29. März 2019 – müssen die Briten draussen sein.
     
  • 18. Januar 2018
    Das britische Unterhaus stimmt dem Austrittsgesetz zu.
     
  • 7. März 2018
    EU-Ratspräsident Donald Tusk betont, Grossbritannien werde nur noch wie ein Drittstaat behandelt.
     
  • 23. März 2018
    Die EU stimmt einer Übergangsphase zu. Den Briten blieben nach dem Brexit bis Ende 2020 alle Vorzüge und Pflichten eines EU-Landes.
     
  • 6. Juli 2018
    May schwört ihr Kabinett auf einen «weichen Brexit» ein. Kurz darauf treten Aussenminister Boris Johnson und Brexit-Chefunterhändler David Davis verärgert zurück.
     
  • 17. Oktober 2018
    Beim EU-Gipfel gibt es immer noch keinen Durchbruch. Stolperstein bleibt die Grenzfrage zwischen Irland und Nordirland.
     
  • 15. November 2018
    Nach der Einigung zwischen Brüssel und London auf den Text eines Austrittsabkommens treten aus Protest gleich mehrere von Mays Ministern zurück.
     
  • 25. November 2018
    Die Chefs der 27 EU-Länder stimmen dem Austrittsvertrag zu.
     
  • 11. Dezember 2018
    Wegen einer drohenden Niederlage verschiebt May die Abstimmung im Unterhaus über den Austrittsvertrag. Die Empörung über ihre Verzögerungstaktik ist gross.
     
  • 12. Dezember 2018
    Die Tories blasen in einem Misstrauensvotum zum Angriff auf ihre Parteichefin und Premierministerin. May übersteht die Vertrauensabstimmung mit 200 zu 117 Stimmen und bleibt auf ihrem Posten.
     
  • 15. Januar 2019
    Das britische Parlament hat Theresa Mays Brexit-Deal wuchtig mit 432 zu 202 Stimmen abgelehnt. Bis zum 31. Januar muss nun eine Lösung gefunden werden, ansonsten ist der harte Brexit Tatsache. Oppositionsführer und Labour-Chef Jeremy Corbyn stellt einen Antrag auf Vertrauensabstimmung und fordert Neuwahlen.
     
  • 16. Januar 2019
    Die britische Premierministerin Theresa May übersteht zum zweiten Mal innert wenigen Wochen eine Vertrauensabstimmung – diesmal im Parlament. Nach dem überstandenem Misstrauensvotum ruft May das Parlament zur Geschlossenheit in der Brexit-Frage auf.
     
  • 21. Januar 2019:
    May stellt dem Parlament keinen neuen Plan vor, sondern beharrt auf ihrer Linie. Die Premierministerin wiederholte den Aufruf, dass ein harter Ausstieg verhindert werden soll. May will ferner keine zweite Abstimmung, da sie im Parlament keine Mehrheit finden würde. In den nächsten Tagen will sie mit den Abgeordneten über die Nordirland-Lösung («Backstop») diskutieren.
     
  • 29. Januar 2019:
    Bei einer zweiten Abstimmung einigt sich dass britische Parlament darauf, dass es Nachverhandlungen mit der EU braucht. Nur zwei Monate vor dem Brexit will Theresa May das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen wieder aufschnüren. Doch Die Europäische Union lehnt die Änderung des Brexit-Vertrags nach wie vor ab.
     

  • 14. Februar 2019:
    Theresa May verliert erneut eine Abstimmung zum Brexit: Rund sechs Wochen vor dem EU-Austritt hat das britische Parlament die Beschlussvorlage der Regierung abgelehnt, welche die Entscheidungen einer Abstimmungsrunde von Ende Januar als Ganzes bestätigen sollte. Dazu gehörte auch die Ablehnung eines Brexits ohne Abkommen.

  • 26. Februar 2019
    Theresa May gibt ihren Widerstand gegen eine Verschiebung des Brexit auf und stellt einen Drei-Stufen-Plan vor: Am 12. März will sie (erneut) über den Brexit-Entwurf abstimmen. Sollten ihn die Parlamentarier ablehnen, will sie am 13. März darüber abstimmen lassen, ob Grossbritannien die EU ohne Abkommen verlassen soll (No-Deal-Szenario). Lehnen die Parlamentarier auch das ab, will sie am 14. März darüber abstimmen lassen, den Brexit zu verschieben.

  • 23. Januar 2013
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