Brexit-Chaos in Grossbritannien
Das Rätsel um die drei Briefe

Mitten im Brexit-Chaos erhält die EU drei Briefe aus London. Sie beweisen, wie überfordert die Briten mit dem Brexit sind. Der EU-Austritt soll nun erneut hinausgezögert werden.
Publiziert: 21.10.2019 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2019 um 14:20 Uhr
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Guido FelderAusland-Redaktor

Zehn Tage vor dem geplanten Brexit-Termin vom 31. Oktober erreicht die EU in Brüssel wirre Post aus London. Es handelt sich um drei Briefe, von denen zwei von Premierminister Boris Johnson (55) und einer vom britischen EU-Botschafter Tim Barrow (55) stammen.

In den Schreiben versuchen die Briten der EU mitzuteilen, wie es nun mit dem Brexit weitergehen soll. Das Unterhaus hatte sich am Samstag geweigert, über den neuen, von Johnson mit der EU ausgehandelten Ausstiegsvertrag abzustimmen. Es fordert auf Antrag des konservativen Abgeordneten Oliver Letwin (63) eine weitere Fristerstreckung, um zuerst notwendige nationale Gesetze verabschieden zu können.

Das sind die drei Briefe:

Die Kopie ohne Unterschrift: Am Samstagabend schickte Johnson seinen ersten Brief ab, in dem er eine weitere Verschiebung des Brexits beantragt. Brisant: Johnson, der den Brexit möglichst schnell durchziehen will, hatte sich geweigert, den Brief zu unterschreiben und nur eine Kopie des Originalschreibens abgeschickt. Seine Begründung: Es sei nicht sein Brief, sondern ein Brief des Parlaments.

Ohne Unterschrift: Johnsons Antrag um Fristverlängerung.
Foto: AFP
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Die Ausrede: Kurz darauf schickte der britische EU-Botschafter Tim Barrow ein Schreiben nach Brüssel. Er hielt darin fest, dass der Antrag auf Verschiebung von Johnson bewusst nicht unterzeichnet sei, da die britische Regierung «vom Gesetz her» zu diesem Antrag verpflichtet sei.

Das illoyale Schreiben: Von Brexit-Boris gab es aber doch noch einen Brief mit Unterschrift. Er äusserte sich darin nicht gerade loyal dem Parlament gegenüber, sondern sehr persönlich: «Bedauerlicherweise hat das Parlament die Gelegenheit verpasst, dem Ratifizierungsprozess Schwung zu verleihen.» Er bedauerte es auch, dass sich die EU weiterhin mit dem Brexit befassen müsse. Entgegen der Meinung des Unterhauses schrieb er: «Eine weitere Verlängerung würde den Interessen des Vereinigten Königreichs und unserer EU-Partner sowie unseren Beziehungen schaden. Wir müssen diesen Prozess zu Ende bringen.» Johnson zeigte sich «zuversichtlich», dass der Ratifizierungsprozess doch noch bis Ende Oktober abgeschlossen werden könne.

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Eine Gegenstimme genügt 

In den nächsten Tagen wird die EU über die beantragte, erneute Fristverlängerung beraten. EU-Ratspräsident Donald Tusk (62) bestätigte den Erhalt des ersten Schreibens per Twitter am Samstag kurz vor Mitternacht: «Die Verlängerungsanfrage ist gerade eingetroffen. Ich werde jetzt die Staats- und Regierungschefs der EU befragen, wie wir reagieren sollen.»

Man geht davon aus, dass die EU einer weiteren Fristerstreckung zustimmen wird. Sollte aber nur ein EU-Mitglied dagegen sein, kommt es am 31. Oktober zum harten Brexit – wenn Johnson diese Woche im Unterhaus nicht noch die geforderten nationalen Gesetze durchboxen und so einen sanften Brexit herbeizaubern kann.

Brexit-News

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.

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Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.

BLICK zeigt die wichtigsten Stationen des chaotischen Prozesses seit dem Austrittsvotum der Briten auf.


Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.

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