Wagner-Truppen erobern Krasna Hora
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Vorort von Bachmut:Wagner-Truppen erobern Krasna Hora

Blutige Kämpfe in der Ukraine
Bachmut-Offensive soll für die Russen extrem verlustreich sein – warum?

Die russischen Truppen verzeichnen in der Ostukraine Gebietsgewinne. Doch diese bescheren ihnen offenbar riesige Verluste. Laut britischen Angaben fallen pro Tag mehr als 800 Soldaten.
Publiziert: 14.02.2023 um 19:32 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2023 um 15:19 Uhr

Die Russen rücken in der Ostukraine vor. Im Januar übernahmen Wladimir Putins (70) Truppen die Kontrolle über die Kleinstadt Soledar, rund zehn Kilometer nordöstlich von Bachmut. Vor wenigen Tagen berichtete der Chef der Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin (61), seine Kämpfer hätten Krasna Hora, einen weiteren Vorort von Bachmut, eingenommen. Bachmut selbst ist seit Monaten heftig umkämpft. Die Ukraine kann ihre Stellung dort bisher mit viel Mühe halten.

«Es ist sehr schwer, sehr hart. Der Feind übt aus verschiedenen Richtungen starken Druck aus. Die Energie, die die Jungs jetzt an den Tag legen, ist unbezahlbar», sagt ein ukrainischer Soldat am Dienstag in einem Telegram-Video. Von Krasna Hora aus dringe Russland weiter in Richtung Bachmut vor, sagte auch Prigoschin.

Der Kampf um Bachmut fordert offenbar auf beiden Seiten hohe Verluste. Die Angaben aus dem Kriegsgebiet können häufig nicht unabhängig überprüft werden. Doch Prigoschin bestätigte im Zusammenhang mit der Eroberung von Soledar die grossen russischen Opfer unlängst indirekt selber. Die Schlacht von Stalingrad im Zweiten Weltkrieg sei nichts im Vergleich zu Soledar gewesen, behauptete der Wagner-Chef. Der Vergleich hinkt zweifellos, denn bei der Schlacht um Stalingrad kamen rund eine halbe Million russische Soldaten ums Leben. Nichtsdestotrotz verdeutlicht er die Schwere der Gefechte.

Fast ausgestorben: Nur noch wenige Zivilisten verbleiben in Bachmut.
Foto: keystone-sda.ch
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Schlechte Ausbildung

Nach britischen Angaben verliert Russland derzeit so viele Soldaten wie seit den Anfangstagen des Kriegs nicht mehr. «In den vergangenen zwei Wochen hat Russland wahrscheinlich die höchste Verlustrate seit der ersten Woche des Einmarsches in die Ukraine erlitten», erklärte das britische Verteidigungsministerium vor wenigen Tagen. Es berief sich dabei auf Statistiken des ukrainischen Generalstabs. London könne die Methodologie bei der Erhebung der Zahlen nicht im Detail prüfen, gehe aber davon aus, dass der «von den Daten illustrierte Trend wohl zutreffend ist». Den Angaben zufolge habe es in der vorangegangenen Woche im Schnitt täglich 824 russische Tote oder Verletzte gegeben. Zum Vergleich: Im Juni und Juli soll Russland täglich durchschnittlich 172 Soldaten verloren haben.

Das britische Verteidigungsministerium, das täglich ein Update zum Kriegsverlauf in der Ukraine veröffentlicht, weist auch auf mögliche Gründe für die hohen russischen Verluste hin. Einer davon sei die schlechte Ausbildung der Soldaten. Erfahrene Offiziere und Ausbilder wurden zu Beginn des Krieges oder bei der Teilmobilmachung im September an die Front geschickt und zum Teil getötet, vermuten britische und ukrainische Experten. Deswegen schicke der Kreml seit einiger Zeit auch unausgebildetes Personal an die Front. Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu (67) kündigte im Januar einen Umbau der Armee und eine Ausbildungsoffensive an.

Koordinationsprobleme, Mangel an Ressourcen

Als weiteren Grund für die hohen Verluste auf russischer Seite nennt das britische Verteidigungsministerium Koordinationsprobleme an der Front. Laut der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik sind diese auf einen mangelnden Grad an «Digitalisierung von Führungs-, Aufklärungs- und Kommunikationssystemen in den russischen Streitkräften» zurückzuführen. «Die geringe digitale Vernetzung in den russischen Streitkräften erschwert das koordinierte Zusammenwirken von Luftwaffe, Luftabwehr, Artillerie- und Infanterieeinheiten», heisst es in einem Bericht.

Auch zwischen der privaten Wagner-Söldnertruppe und den regulären russischen Truppen werden Koordinationsprobleme ausgemacht. So berichtet zum Beispiel ein russischer Soldat in einem abgehörten Telefonat mit seinem Vater, seine Einheit habe aus Versehen ein Wagner-Fahrzeug abgeschossen.

Die angeblich hohen russischen Verluste könnten auch zu einem Teil in einem Mangel an Ressourcen begründet sein. Laut Celeste Wallander (62), Staatssekretärin für internationale Sicherheitsfragen im US-Verteidigungsministerium, hat Russland in der Ukraine «wahrscheinlich mehr als die Hälfte seines Bestands an Kampfpanzern verloren».

Zudem sollen Putins Truppen nach ukrainischen Angaben 80 Prozent ihrer Präzisionsraketen verschossen haben. Nach neusten Angaben der ukrainischen Streitkräfte verloren die russischen Truppen seit Beginn des Angriffs 3286 Panzer, 298 Flugzeuge, 286 Helikopter, 234 Flugabwehrsysteme, 466 Mehrfachraketenwerfer und 2011 Drohnen. (noo)

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