Billig, aber effektiv
Ukraine kämpft mit 3D-Drucker gegen Munitionsmangel

Die Gegenoffensive der Ukraine stockt und täglich wird Munition verschossen. Um Kosten und Zeit bei der Produktion zu sparen, werden bereits Granaten im 3D-Drucker hergestellt. Und die haben eine ordentliche Sprengkraft.
Publiziert: 04.08.2023 um 16:24 Uhr
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Aktualisiert: 21.08.2023 um 15:03 Uhr

Der Munitionsverbrauch im Ukraine-Krieg ist enorm. 3000 Granaten werden allein auf ukrainischer Seite pro Tag abgefeuert, wie Analysten laut dem «Tagesspiegel» schätzen. Die USA und Europa unterstützen die Ukraine mit Waffen und Munition, doch der Bedarf lässt sich kaum decken. An rohem Sprengstoff mangelt es in der Ukraine nicht, doch die Beschaffung von Munition aus den Waffenfabriken kostet viel Geld und Zeit. 

Deshalb setzt die Ukraine nun auf den 3D-Druck. Laut einem Bericht der britischen Wochenzeitung «Economist» hat ein Hersteller in den letzten vier Monaten 30'000 Bomben gedruckt. Ein anderer druckt 1000 Plastikhüllen pro Woche. Jetzt werde man die Produktion gar steigern.

Im 3D-Drucker werden die Hülsen für die Bomben gedruckt. Diese werden an die Front in der Ukraine verschickt und dort mit C4-Sprengstoff gefüllt. Eine solche Bombe hat es in sich. Ein Waffenhersteller aus Kiew sagt zum «Economist», dass solche Bomben durch Holzbretter wie durch «Butter» schneiden. Damit sei die Sprengkraft höher als bei herkömmlichen Handgranaten. Diese müssten leicht an Gewicht sein, wodurch es ihnen an Explosionskraft mangelt.

Die Ukraine und Europa drucken Waffen im 3D-Drucker. Der Vorteil: So kann Zeit und Geld gespart werden.
Foto: Getty Images
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Ein weiterer Vorteil der Drucker-Bomben: Die Kosten der Produktion sind sehr gering. Der 3D-Drucker kostet gerade mal etwas mehr als 1000 Franken. Die Produktionskosten für eine 27 Zentimeter hohe gedruckte Bombenhülse liegen laut dem Bericht bei unter vier Franken. 

Auch grössere Waffen können gedruckt werden

Seit November 2022 sollen bereits 65'000 Bombenhülsen aus europäischen Staaten wie Polen oder Lettland in die Ukraine geschleust worden sein. Der ukrainische Zoll deklariere die versendeten Bombenhülsen in vielen Fällen als Kerzenständer oder Kinderspielzeug, um die Kosten gering zu halten. Schliesslich sehen die gedruckten Bomben in pinkem Plastik wenig bedrohlich aus. Von den Ukrainern werden sie auch «Candy Bombs» (auf Deutsch: Süssigkeitenbomben) genannt. 

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Doch nicht nur «kleine Granaten» können gedruckt werden. Insgesamt werden laut einer anonymen Quelle der Zeitung 200 verschiedene Modelle und Grössen in der Ukraine genutzt. In der umkämpften Region Donezk werden bereits grössere 3D-Bomben eingesetzt.

Ukrainer wissen sich zu helfen

Improvisierte Waffen werden immer wichtiger, um den Munitionshaushalt auszugleichen. So hat die Ukraine bereits kurz nach Kriegsbeginn Pick-ups genutzt, um Panzerabwehrraketen zu zünden. «Wir haben die Fähigkeiten und die Ausrüstung, und es mangelt uns nicht an Ideen», sagte der Soldat Sergej Bondarenko schon wenige Monate, nachdem Russland die Ukraine angegriffen hatte, zu «RFI».

Auch die «Kiyv Post» berichtete von Do-it-yourself-Raketen, denen es zwar an Präzisionskraft, nicht aber an Energie mangle. Doch es braucht Waffen mit höherer Reichweite, um die ins Stocken geratene Gegenoffensive fortzuführen. Der Einfallsreichtum der Ukrainer ist weiter gefordert. (jwg)

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