Nawalny muss mehrere Jahre ins Straflager
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Berufung abgelehnt:Nawalny muss mehrere Jahre ins Straflager

Berufung abgelehnt, Busse
Nawalny muss mehrere Jahre ins Straflager

Ein russisches Gericht hat das Straflager-Urteil gegen den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny bestätigt. Zudem muss der Oppositionspolitiker eine Busse bezahlen.
Publiziert: 20.02.2021 um 10:12 Uhr
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Aktualisiert: 29.04.2021 um 14:11 Uhr

Alexej Nawalny muss mehrere Jahre in ein Straflager. Ein Gericht in Moskau wies am Samstag in einem Berufungsverfahren eine Beschwerde des Putin-Kritikers gegen ein Anfang Februar verhängtes Urteil zurück, wie der Richter sagte. Das Verfahren steht als politisch motiviert in der Kritik.

Das Urteil von dreieinhalb Jahren Straflager bleibt damit bestehen. Die tatsächliche Haftzeit dürfte aber kürzer ausfallen, weil Nawalnys Anwälte davon ausgehen, dass ihm ein mehrmonatiger Hausarrest und frühere Haftzeiten angerechnet werden. Sein Team hatte den Prozess als politisch motiviert kritisiert.

Er soll Veteranen beleidigt haben

Die Richter warfen dem 44-Jährigen vor, gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstossen zu haben, während er sich in Deutschland von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte. Nawalny bezeichnete den Vorwurf, er habe sich vor der Justiz verstecken wollen, am Samstag einmal mehr als «absurd». Er sei Ende Januar freiwillig nach Russland zurückgekehrt. «Die ganze Welt wusste, wo ich mich aufhalte.» Auch international hatte das Urteil für heftige Kritik gesorgt.

Nur Stunden nach der Bestätigung des Straflager-Urteils wurde Nawalny am Samstag auch zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Weil er einen Veteranen des Zweiten Weltkriegs beleidigt haben soll, verhängte das Moskauer Gericht eine Geldbusse in der Höhe von 850'000 Rubel (rund 9400 Euro) gegen den Oppositionspolitiker. Das ist in etwa das Doppelte eines durchschnittlichen Jahresgehalts in Russland.

Nawalny hatte im vergangenen Sommer ein in den russischen Staatsmedien ausgestrahltes Video scharf kritisiert. Darin werben mehrere Bürger – unter anderem ein heute 94-jähriger Veteran des Zweiten Weltkrieges – für eine Verfassungsänderung, die auch der Machtsicherung von Präsident Wladimir Putin diente. Nawalny beschimpfte die Menschen im Clip damals auf Twitter als «Verräter». Im Prozess berief er sich auf die freie Meinungsäusserung.

Amnesty International setzt sich für Freilassung ein

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte forderte Russland erst am Mittwoch auf, Nawalny unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Das Urteil in diesem früheren Verfahren hatte das Menschenrechtsgericht 2017 als offenkundig unangemessen bezeichnet. Moskau wies die Forderung als Einmischung in innere Angelegenheiten zurück.

Der Oppositionsführer könnte schon in der kommenden Woche in ein Straflager überstellt werden, meldete die Staatsagentur Ria Nowosti. Ein genauer Tag wurde zunächst nicht genannt.

Indes will die Menschenrechtsorganisation Amnesty International eine Petition zur Freilassung Nawalnys an den Kreml überreichen. Dazu seien in mehreren Ländern der Welt fast 200'000 Unterschriften gesammelt worden, hiess es. Nawalny werde wegen friedlicher politischer Aktivitäten im Kampf gegen Korruption verfolgt und weil er sein Recht auf freie Meinungsäusserung durchsetze.

Massenproteste im ganzen Land

Nawalnys Inhaftierung vor fast einem Monat löste in Russland Massenproteste aus. Mehr als 11'000 Menschen wurden festgenommen. Nawalnys Team kündigte zuletzt an, die Proteste im Frühjahr und Sommer fortsetzen zu wollen.

Der Oppositionsführer war am 20. August während eines Inlandsflugs zusammengebrochen. Er kam zunächst in ein Krankenhaus in Sibirien. Zwei Tage später wurde er zur Behandlung nach Berlin geflogen. Untersuchungen mehrerer Labore zufolge wurde er mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet. Russland hingegen sieht keine Hinweise auf eine Vergiftung und deshalb keinen Grund für Ermittlungen. (SDA)

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