Behörden-Puff in Deutschland
Bürgermeister bezahlt Beamten fürs Nichtstun im Homeoffice

Insgesamt kassierte ein Mitarbeiter einer Gemeinde in Rheinland-Pfalz 350'000 Euro Gehalt – ohne zu arbeiten. Der Bürgermeister schuf eine Stabsstelle und versetzte den Mann fünf Jahre ins Homeoffice. Nun ermittelt die Kommunalaufsicht.
Publiziert: 07.12.2023 um 14:04 Uhr

Zu Hause sitzen, nicht arbeiten und trotzdem jeden Monat bezahlt werden. Was wie ein Traum klingt, war für einen Mann in Deutschland fünf Jahre lang Realität. Jeden Monat bekam er fast 6000 Euro aufs Konto überwiesen.

Über die Jahre kassierte er so 350'000 Euro ab – und zwar auf Kosten der Steuerzahler. Denn: Der Beamte war im öffentlichen Dienst angestellt. Konkret: In der Gemeinde Betzdorf-Gebhardshain im Bundesland Rheinland-Pfalz, wie unter anderem der SWR berichtet.

Durch eine Routineprüfung der Verwaltung aufgeflogen

Wie konnte das passieren? Die Kommunalaufsicht des Kreises Altenkirchen hat die Ermittlungen gegen die Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain aufgenommen. Derzeit werden die Mitarbeiter der Gemeinde befragt. 

Ein Mann in einer deutschen Gemeinde verbrachte fünf Jahre im Homeoffice, ohne zu arbeiten. (Symbolbild)
Foto: IMAGO/Bihlmayerfotografie
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Im Zentrum der Ermittlungen: Bürgermeister Bernd Brato (64). Er richtete offenbar extra eine Stabsstelle für den Beamten ein. Seine Aufgaben hätten im Bereich Bau und Planung liegen sollen. Doch er bekam schlicht nie Aufträge. Stattdessen sass er fünf Jahre lang im Homeoffice, ohne wirklich zu arbeiten.

Die ganze Sache sei laut deutschen Medienberichten einzig durch eine Routineprüfung der Verwaltung aufgeflogen. Die Kommunalaufsicht prüft, weshalb der Mitarbeiter keine Aufgaben erledigte, aber trotzdem das volle Gehalt kassierte. 

Abstellgleis oder Belohnung?

Die entscheidende Frage in dem ungewöhnlichen Fall: Wozu wurde die neue Stabsstelle für den Beamten errichtet? Eine Möglichkeit: Der Mitarbeiter wurde auf das Abstellgleis geschoben. Wollte Bürgermeister Brato ihn so zum Kündigen bewegen? Falls dies der Fall sein sollte, müsste der Bürgermeister für den Schaden von 350'000 Euro aufkommen.

Es könnte sich aber auch um einen Mitarbeiter handeln, der der Gemeinde treu ist und mit einem Posten ohne Aufgaben «belohnt» wurde. Auch in diesem Fall wäre der Bürgermeister in der Verantwortung. Womöglich wurde der Mitarbeiter im Homeoffice aber auch schlicht vergessen.

Die Untersuchung soll Licht ins Dunkel bringen. Die ersten Ergebnisse seien im Januar zu erwarten. Dem Beamten, der fünf Jahre Lohn fürs Nichtstun kassierte, drohen laut aktuellem Erkenntnisstand keine Konsequenzen. Dass er keine Aufgaben bekommen hat, sei schliesslich nicht sein Fehler gewesen. Bürgermeister Brato hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäussert. (jwg)

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