Begegnete den Taliban
Diese Frau ist die «mutigste Reisende der Welt»

Unerschrocken reist sie in Länder, die für gewöhnliche Touristen zu gefährlich sind. Die Amerikanerin Jacquelyn Kunz (32) war im Sudan, in Irak, in Afghanistan – und will nun in den Kongo. Dafür wurde sie zur «mutigsten Reisenden der Welt» gekürt.
Publiziert: 22.12.2023 um 16:17 Uhr
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Aktualisiert: 23.12.2023 um 09:44 Uhr

«Von Reisen nach Afghanistan und von Aufenthalten jeder Art wird abgeraten», heisst es auf der Webseite des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Auch die US-Behörden raten eindringlich von Reisen in das Land ab. Die New Yorkerin Jacquelyn Kunz (32) lassen solche Reisewarnungen unbeeindruckt. Sie reiste nach der Machtübernahme der Taliban nach Afghanistan. Dafür kürte die Plattform «NomadMania» sie zur «mutigsten Reisenden der Welt».

2015 zog die Amerikanerin von New York nach Khartum in den Sudan. Das war eine «impulsive Entscheidung nach einem wirklich schlechten Arbeitstag», sagt sie. Eigentlich hatte sie vor, sechs Monate in Khartum zu bleiben – doch acht Jahre lang nannte sie den Sudan ihre Heimat.

Stromausfälle, 45 Grad im Sommer, politische Konflikte – all das nahm Kunz in Kauf, weil die Gastfreundschaft der Menschen unbezahlbar sei. Kunz kennt den Sudan bereits wie ihre Westentasche. «Ich habe im Laufe der Jahre viel in Darfur gearbeitet. Die meisten Menschen denken dabei an Völkermord und Krieg, aber wenn ich dort war, war es wunderschön. Die Kultur ist sehr reichhaltig», erzählt sie.

Jacquelyn Kunz ist die «mutigste Reisende der Welt».
Foto: Instagram
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Während ihrer Zeit in Sudan unternahm Kunz risikoreiche weitere Trips: Im Juni 2022 reiste sie nach Afghanistan. Kunz war überzeugt, dass «mit den bösen Jungs an der Spitze» eine Art Stabilität im Land entstanden sei. «Ich fuhr mit dem Bus nach Kandahar. An einem Kontrollpunkt stiegen die Taliban ein und zwangen jeden, sich aufzusetzen, damit sie sich hinsetzen konnten. Sie hatten alle Gewehre», berichtet sie von der Reise.

Taliban-Kämpfer legte Füsse auf ihren Kopf

Kunz trug einen Niqab, eine Kopfbedeckung mit Gesichtsschleier, und fiel so in der Menge nicht auf. Sie sagt: «Ein Mann setzte sich im Bus hinter mich und legte seine Füsse für ein paar Stunden auf meinen Kopf. Ich spürte seine Zehen auf meinem Kopf.» Die Art und Weise, wie Frauen in Afghanistan behandelt werden, war eine sehr intensive Erfahrung für die Amerikanerin. «Sie sehen Frauen als Möbel.» Zu Besuch bei einer Familie erfuhr sie, dass die Unterdrückung der Frauen zwar schrecklich sei – doch immerhin herrsche nun eine Art von Frieden.

Auch durch den Irak machte sie einen Road Trip – als Anhalterin. «Im Irak gibt es viele Kontrollpunkte, aber sie sind sehr freundlich. Sie bitten darum, Selfies mit dir zu machen, und freuen sich sehr, eine ausländische Frau zu sehen», erzählt Kunz. Für sie ist klar: Die Regierung und die Menschen unterscheiden sich. In jeder Stadt, die statistisch gefährlich ist, traf sie Menschen, die ihr die Stadt und Kultur zeigten.

Sah ihr Haus in Flammen

Dieses Jahr änderte sich nun ihr Leben im Sudan schlagartig. Im Mai 2023 entbrannte ein blutiger Machtkampf zwischen Machthaber Abdel Fattah Abdelrahman Burhan und seinem ehemaligen Vize Mohammed Hamdan Daglo. «Ich wohne mittendrin, Khartum ist der schlimmste Ort, den es gibt. Etwa zehn Tage nach Beginn des Krieges kamen die Militärs und sagten, sie würden meine Wohnung übernehmen», erzählt Kunz. 3,3 Millionen Menschen wurden in die Flucht getrieben – auch die Amerikanerin.

Vom Ausland aus sah sie im TV zu, wie ihr Haus brannte – «surreal», beschreibt sie die Szene. Über Google Maps versucht Kunz später herauszufinden, ob ihr Haus überhaupt noch steht.

Seit sie das Land verlassen musste, sucht sie ihren Platz in der Welt. Der Sudan war nicht nur die Heimat, sondern auch der Arbeitsort von Kunz, die Expertin für Bildungsentwicklung ist. Seit ihrer Flucht war sie in Finnland, in Marokko und in Ecuador. Am liebsten würde sie in den Sudan zurückkehren, doch die Lage bleibt zu unruhig.

Die nächste Reise in anderes gefährliches Land steht aber bereits an: «Ich werde wahrscheinlich in ein paar Wochen in die Demokratische Republik Kongo reisen», sagt sie. Es sei nicht einfach, ein Visum zu bekommen. Aber: «Ich möchte den Kongo-Fluss sehen. Ich bin sehr aufgeregt.»

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